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Ein altersweises Duo und ein junger Präsident

FESTSPIELE / MARTHA ARGERICH, DANIEL BARENBOIM

24/08/17 Wir haben da einen Tipp, wie man sich die lästige Klavierüberei sparen kann und trotzdem zu sehr viel Beifall kommt: statt Pianist einfach französischer Staatspräsident werden! Wie auf Kommando Standing ovations und Handy-Fotos zu Hunderten, als Emmanuel Macron und seine Frau im Großen Festspielhaus aus der Loge winkten.

Von Reinhard Kriechbaum

Auftrittsapplaus hat noch kein gekröntes Haupt bei den Festspielen bekommen, und Angela Merkel auch noch nicht. Vive l'Empereur! Der Gerechtigkeit halber muss man aber sagen: Martha Argerich und Daniel Barenboim sind zwei Minuten später auch mit herzlichem Beifall begrüßt worden. Am späteren Mittwochabend (23.8.) im Großen Festspielhaus war nämlich nicht nur Macron-Zirkus, sondern auch ein Konzert. Und nicht das Schlechteste.

Argerich und Barenboim verbindet mehr als der Geburtsort Buenos Aires. Die Wunderkinder haben sich, beide damals im Volksschulalter, 1949 kennen gelernt. Der ausgleichende Barenboim und die temperamentvollere, aber altersmilde gewordene Kollegin sind jetzt erfahrene Teamplayer, die weit über den Dingen stehen. Handwerklich haben sie beide noch ehrlich viel drauf, beweisen müssen sie sich und dem Publikum nichts mehr. Solche Unaufgeregtheit tut Mozart so gut wie Schumann oder Debussy. Debussy ganz besonders: Die selten zu hörenden drei Stücke „En blanc et noir“, allerspätester Debussy, bekommen von diesen beiden Interpreten noch zusätzlich altersweisen Touch. Man denkt ein wenig an Richard Strauss' Spätstil. Dieser fällt in den zweiten Weltkrieg, Debussys pianistische Schwarz-Weiß-Malerei in den Ersten. Ein wenig Frankreich-Glorifizierung ist dem Werk eingeschrieben (aber auch ein Luther-Choral wird unauffällig zitiert). Dass Macron gerade das hat zu hören bekommen, war aber Zufall.

In „La Mer“ hat Barenboim die Führung an sich genommen. Die Klavierversion ist sowieso nicht so „süffig“ wie die Orchesterfassung, und gerade bei Argerich und Barenboim wurde sehr deutlich, wie wenig Debussy auf „Naturschilderung“ aus war. Sagen wir: Meeresbilder als alternative Fakten... Eingelöst wurde das impressionistische Wogen erst in der Zugabe, dem auf Tasten reduzierten „L'après midi d'un faune“.

Ein ganz rares Ding sind Schumanns Studien für Pedalflügel op. 56. Organisten haben sich immer wieder Flügel mit angehängtem Pedal als Übeinstrumente bauen lassen (ein Klavier, das Johann Michael Haydn gehörte, befindet sich etwa im Salzburg-Museum). Schumann versprach sich aber viel mehr von einem Pedalflügel, er erhoffte eine echte Erweiterung der pianistischen Optionen. Hat nicht wollen sein, das exotische Instrument ist wieder verschwunden. Debussy hat diese Stücke für zwei Klaviere umgeschrieben. Der Reiz ist, dass Schumann echte Charakterstücke erdachte und doch in der Form stark auf Imitation setzte. „Canonische Form“ schrieb er selbst in den Untertitel. Letztlich war auch für ihn Pedal gleich Orgel gleich Fuge...

Ganz am Anfang Mozart, die Sonate für zwei Klaviere D-Dur KV 228. Vielleicht ein wenig zu direkt und ruppig der Kopfsatz, aber dann äußerst pikant ausgespielt das Andante: Mozart hat die Dialoge ja so gesetzt, als ob keiner der beiden Spieler dem anderen das letzte Wort gönnen wollte in Sachen Rokoko-Lieblichkeit. Das ist pikant und poetisch herausgekommen bei Argerich und Barenboim.

Bild: Salzburger Ferstspiele / Marco Borrelli

 

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