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Deutsch-Französisches Friedenswerk

FESTSPIELE / BARENBOIM / WED ORCHESTRA

12/08/21 Kein Wunder, dass „die“ Franzosen das Stück abgelehnt haben. Deutscher Märchenwald, kontrapunktische Gründlichkeit. Wagner erst ein paar Jahre tot und der Deutsch-Französische Krieg auch noch keine zwanzig Jahre her. César Franck war zwar ein gebürtiger Belgier, lebte aber seit seinem 13. Lebensjahr als Orgelvirtuose in Paris – und seine Symphonie d­-Moll FWV 48 grenzte an Hochverrat.

Von Heidemarie Klabacher

Zumindest für die französisch-patriotische Musikszene von Debussy, Ravel und Gounod abwärts. Absolute Musik ohne mildernde Umstände eines Programms oder eines Soloinstrumentes, wie in Saint-Saens' Orgelsymphonie: Kaum dass César Franck seinen einzigen Beitrag zur Gattung überhaupt zur Uraufführung bringen konnte. Erfolg stellte sich zwar ein, der Komponist hat ihn nicht mehr erlebt.

Es ist also durchaus eine Spielart von „Versöhnungswerk“, wenn das West-Eastern Divan Orchestra und Daniel Barenboim diese wirkkräftige d-Moll Symphonie in all ihren romantisch-dramatischen und zugleich formal stringenten Facetten zu glanzvoller Wirkung bringen. Die Wiedergabe im Großen Festspielhaus packte vom Aufziehen des Nebels in der Einleitung an und ließ die Aufmerksamkeit nicht mehr los. Dramatisch aufgebaute und eruptiv sich lösende Spannung im ersten Satz wurden von Orchester und Dirigent in aufregenden Kontrast zum liedhaft „frommen“ zweiten Thema gestellt.

Im zweiten Satz träumt ein Englischhorn über einem Streicher-Pizzicato, das von der Harfe mit Glanz versehen wird. In der Lesart des WED klang das wie eine einzige Laute. Damit es nicht fad wird, brachten Barenboim und die Seinen die schwebenden Elfen im Walde auch zum hurtigen Tanzen: Reizvolle Kontraste in Werk und Wiedergabe. Der dritte Satz lässt frühere Motive und Nachdenklichkeiten wieder aufleben – um in ein fröhlich triumphierendes Finale zu münden. Cool.

Übrigens basiert Francks Symphonie formal auf einem einfachen Sekund-Quart-Motiv, wie es auch in Johannes Brahms Konzert für Violine, Violoncello und Orchester a­-Moll op. 102 vorkommt. Auch sind die beiden Werke fast zeitgleich entstanden. Die Wiedergaben beim Festspielkonzert zeigten weniger Ähnlichkeiten. Im Gegensatz zur musikantisch differenziert ausgeloteten Symphonie war das Doppelkonzert, mit Michael Barenboim Violine und Kian Soltani Violoncello als Solisten, eine klanglich entweder holzschnittartige oder diffus mollige Angelegenheit. Eröffnet wurde das Programm mit einer spritzigen Lesart von Ludwig van Beethovens Ouvertüre zum Ballett Die Geschöpfe des Prometheus op. 43. Ein Erlebnis war auch die Zugabe, Nimrod aus Edward Elgars Enigma-Variationen, ein großartig aufgebautes und wieder in sich zurücksinkendes Crescendo.

Übertragung am 13. August um 19.30 Uhr im Internet auf ARTE Concert - www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: SF / Marco Borrelli

 

 

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