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Böhmische Musikantenlaune in einer Messe

FESTSPIELE / ACCENTUS

26/07/12 Der Name „accentus“ passt wunderbar zu dem vor zwanzig Jahren von Laurence Equilbey gegründeten Kammerchor. Reich an Akzenten war das Konzert am Mittwoch (25.7.) im Großen Saal des Mozarteums, reich an Schönheit und Festlichkeit.

Von Gottfried Franz Kasparek

altIm ersten Teil des Programms erklangen Motetten nicht nur von Johann Sebastian, sondern auch eine von Johann Christoph Bach (1642-1703), einem Vetter zweiten Grades und Organisten in Eisenach. Die Bach-Familie ist immer für Überraschungen gut – die Motette „Lieber Herr Gott, wecke uns auf“ aus dem Jahr 1672 ist ein phantasievolles Werk voll überraschender Wendungen. Auch „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“ wurde früher Johann Christoph zugeschrieben, gilt aber mittlerweile eher als Werk Johann Sebastians von 1713 – stilistisch ist eine Zuordnung schwierig, zu nahe sind sich hier die Bache. Mit Sicherheit vom Thomaskantor stammen „Komm Jesu, komm“ und natürlich die nicht minder berühmte Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“ BWV 225.

Bewundernswert, wie artikuliert, intonationssicher, transparent, geradezu phänomenal wortdeutlich und völlig frei von französischem Akzent, dafür mit goldrichtigen interpretatorischen Akzenten die Damen und Herren von „accentus“ die mitunter für französische Zungen hürdenreichen deutschen Texte bewältigen. Die bescheiden wirkende, mit runden Gesten perfekt gestaltende Dirigentin ist die Seele ihres Chors. „Les nouveaux caractérs“ nennt sich die klangschöne Continuogruppe mit Sébastien d’Hérin am Orgelpositiv, der Cellistin Valérie Dulac und dem Violone-Spieler Roberto Fernandez de Larrinoa.

Johann Sebastian Bach war einer der musikalischen Götter Antonín Dvo?áks, was geistliche Musik betrifft, Palestrina und Wagner waren die anderen. Zwischen barock inspirierter Festlichkeit, „Parsifal“-Weihen und – doch vor allem - bester böhmischer Musikantenlaune ist die hierzulande selten gespielte D-Dur-Messe op. 86 angesiedelt, welche diesmal in der Urfassung für Soli, Chor und Orgel erklang. Laurence Equilbey hat dieser Tage erst in St. Peter Mozarts c-Moll-Messe dirigiert und ein neues Werk von Johannes Maria Staud aus der Taufe gehoben. Die Dvo?ák-Partitur modellierte sie mit Grazie und Gefühl, der Chor erwies sich auch in romantischen Klangräumen als erste Wahl. Die Soli, aus dem Chor besetzt, waren empfindungsvoll und klar gesungen, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Die Orgel, nun die „Propter homines“-Orgel der Stiftung, nuancenreich gespielt von Christoph Henry, war das tönende Fundament. Es ist ja weniger bekannt, dass Dvo?ák nicht nur Bratschist und Dirigent, sondern auch studierter Kirchenmusiker und virtuoser Organist gewesen ist.

Die fein gearbeitete, kontemplative, nie monumentale Messe erreicht ihren Höhepunkt im Credo, wo ernster Kirchenstil und im Grunde heitere, unwiderstehliche Melodik eine besonders geglückte Verbindung eingehen.

Das Auditorium war, wohl wegen großer symphonischer Konkurrenz im Festspielhaus, ein wenig schütter besetzt. Aber das Publikum feierte die französischen Gäste herzlich. Man möchte sie bald wieder in Salzburg erleben.

Bild: SF / Silvia Lelli

 

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