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Zypressen

FESTSPIELE / ÜBER DIE GRENZE

30/07/12 Leicht hatten sie es nicht, der Tenor Marcus Ullman, der Bariton Martin Bruns und ihr Klavierpartner Andreas Frese – im halbvollen Großen Saal mit Dvoraks lieblich seichten "Zypressen"-Zyklus, der die Emotionen auch nicht gerade hochgehen ließ. Trotzdem haben sie ihr Publikum „gepackt“. Das Bennwitz Quartett pflanzte ebenfalls "Zypressen", aber von anderem Kaliber.

Von Heidemarie Klabacher

Antonin Dvoraks Leben war keine Künstlertragödie. Zu einer unglücklichen Jugendliebe hat er es immerhin gebracht. Diese hat er im Liederzyklus „Zypressen“ verarbeitet. Die 18 Gedichte von Gustav Pfleger Moravsky spielen mit den gängigen romantischen Versatzstücken von Bächlein, Fels, Bergeinsamkeit und Lindenbaum. Und der junge Dvorak bemühte sich redlich, den schlichten Gedichten mit schlichter Vertonung Tiefe zu verleihen.

Saal halbvoll, Emotion auf Halbmast, Text Tschechisch  – die Voraussetzungen für das zweite Konzert in der Reihe „Über die Grenze“ waren nicht die besten.

Aber der Tenor Marcus Ullman, der Bariton Martin Bruns und ihr Klavierpartner Andreas Frese haben ihr Publikum dennoch „gepackt“:  technisch souverän - perfekt im Lagenausgleich, strahlend im Klang, und gestalterisch findig – erfüllt vom Wunsch, die gut versteckten Ansätze von Emotion und Dramatik doch aufzuspüren und zu vermitteln. Der Pianist Andreas Frese hat sie Sänger – Bariton und Tenor wechseln einander nach zwei, drei Liedern jeweils ab – nach Kräften unterstützt und der Expressivität elegant Hilfestellung geleistet.

In interessantem Kontrast zu dieser liebenswürdigen Seichtheit standen danach die bizarren  Fünf Ophelia Lieder WoO 22 von Johannes Brahms in der Transkription für Singstimme und Streichquartett von Aribert Reimann. Es spielte – flirrend und zugleich geheimnisvoll verschattet – das Bennewitz Quartet. Es sang – mit einer für diese zarten Miniaturen viel zu opernhaften Grundhaltung – die Mezzosopranistin Tanja Ariane Baumgartner.

Das junge tschechische Bennewitz Quartett schlug dann den Bogen zurück zu Dvoraks Zypressen. Der Komponist scheint mit der Seichtheit seines Liederkreises von 1865 selber nicht ganz glücklich gewesen zu sein, und hat 1879 noch einmal einen Zypressen-Zyklus geschrieben: Zwölf kostbare Miniaturen für Streichquartett zwischen Andante und Adagio und zwei bewegteren Schluss-Sätzen. „Cyprise“ heißt auch dieser Zyklus. Und allein dieses Symbol weckt Bilder von Tod und Trauer. Dennoch hat Dvorak keine Programm-Musik geschrieben. Tatsächlich sind diese Stücke so fein ausgelotet, vielschichtig und bewegend in ihrer scheinbaren Schlichtheit, dass der Gedanke an Haydns sieben „Letzte Worte“ oder Schostakowitschs 15. Streichquartett immerhin auftaucht.

Das Bennewitz Quartett hat diesen Zyklus mit atemberaubender klanglicher Brillanz und Strahlkraft gespielt. Große Kantilene der Viola, feierliches Gebet, verschattetes Rezitativ oder schlichtes Lied – das Bennewitz Quartett hat jede dieser Pretiosen Glanz und Tiefe verliehen.

 

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