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Null Bock auf die Königskrone

FESTSPIELE / IL RE PASTORE

31/07/12 Der Name des Regisseurs ist im Programmheft nobel verschwiegen, denn offiziell läuft „Il re pastore“ ja als konzertante Aufführung. Tatsächlich stecken die Protagonisten im Haus für Mozart in Kostümen und ziehen die Oper lustvoll durch, gerade so als agierten sie auf der Szene.

Von Reinhard Kriechbaum

Das ist natürlich nicht zum Schaden der Serenade „Il re pastore“ des 19jährigen Mozart, der Geschichte einer Liebe, die durch die drohende Karriere des Aminta getrübt wird: Er ist Undercover-König, findet sein Leben als Hirte aber durchaus genügend. Zu diesem stabilen Wohlbefinden im biologisch intakten Umfeld trägt Elisa – in Liebesdingen eine Aussteigerin aus der besseren Gesellschaft – nachhaltig bei. Dass der künftige Hirten-König aus Staatsräson eine andere, nämlich Tamiri (die Tochter des gestürzten Tyrannen) heiraten soll, stiftet bei allen Beteiligten einen Akt lang erheblichen Seelenkummer. Junger Mozart vom Allerbesten, was diese Stimmungsschilderungen in den Arien betrifft.

Intendant Alexander Pereira ist strikt gegen Opern-Wiederaufnahmen, er argumentiert mit der engen künstlerischen Verzahnung zwischen szenischer und musikalischer Konzeption. Aber Ausnahmen wird man wohl machen dürfen als Chef, und es wäre ja wirklich schade, diese Aufführung, die bei den Zürcher Opernfestspielen 2011 herausgekommen ist, einfach abzulegen. Schon die herzigen Kostüme von Luigi Perego – jeder der Protagonisten ist in ein paar Schichten textiler Watteau-Bilder gehüllt – gehören weiterverwendet.

Das Ensemble, bis auf eine Position mit der Zürcher Originalbesetzung identisch, hat sich viele liebenswürdige szenische Pointen gemerkt, die Regisseur Grischa Asagaroff eingefallen sind. Der werkt unterdessen als künstlerischer Betriebsdirektor bei den Festspielen. Es ist nicht ganz auszuschließen, dass er bei den Proben zugeschaut und ein paar Tipps gegeben hat.

Insgesamt eine runde Sache, denn mehr Szene  braucht’s ohnedies nicht, wenn ein Sängerensemble so gleichgewichtig, stilistisch gleich gestimmt und mit bester Routine am Werk ist. Dafür sorgt William Christie am Pult von „La Scintilla“, der orchestralen Originalton-Truppe vom Zürcher Opernhaus. Der Salzburger Aufführung merkt man an, wie vertraut Sänger und Orchester miteinander sind. Rhythmische Ausreißer werden augenblicklich wieder eingefangen. William Christie lässt es in der Ouvertüre rasseln und knirschen, gibt dann aber auch einnehmende, vor allem: die Affekte wundersam verstärkende lyrische Töne vor.

altDer Re pastore (Aminta) ist Martina Janková, sie und Eva Mei als Elisa geben ein Sopran-Paar von vollendeter Gleichgestimmtheit. Beide führen ihren weichen Stimmansatz in die gewandtesten Koloraturen hinüber. Benjamin Bernheim ist ein strahlender, in den Lagen ausgeglichener Tenor, seine Arie „Sol puó dir come si trova“ ein affektiver Höhepunkt des Abends. Den meisten Beifall erheischte Martina Jankovà völlig zurecht für das mit hoher Verzierungskunst ausgestattete Arien-Rondo „L’amerò, sarò costante“. Ein wenig verpuffen die eher dramatischen Attacken von Sandra Trattnigg, was aber auch mit der Rolle (Tamiri) zu tun hat.

Und dann ist da Rolando Villazòn, der schon geraume Zeit seine Stimme mit Mozart einbalsamiert und sich (auf der Opernbühne zumindest) von den ärgsten Manierismen musikalischer und szenischer Art fern hält. Das tut ihm und seinem Organ mehr als gut. Im Festspielpublikum hat sich Villazòns Salzburg-Wiederkehr wohl nicht so recht herumgesprochen. Wie sonst sollte man sich so viele freie Plätze am Montag (30.7.) im Haus für Mozart erklären?

Villazon singt den Alessandro. Der Frieden stiftende Alexander der Große betreibt so etwas wie eine Königsagentur für nahöstliche Marionettenstaaten. Vielleicht sollte man so was auch heutzutage in Erwägung ziehen in der Region. Der eine oder andere Hirte sollte sich auftreiben lassen.

Eine zweite Aufführung von „Il re pastore“ morgen Mittwoch (1.8.) um 20 Uhr im Haus für Mozart. - www.salzburgerfestspiele.at/oper
Bilder: SF / Silvia Lelli
Zur Besprechung der szenischen Aufführung in Zürich
Vom Hirt zum König – leider nur geträumt

 

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