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Pastorale und Schicksal

FESTSPIELE / WEST-EASTERN DIVAN ORCHESTRA

03/08/12 Am Ende, als der Beifallsorkan zu Standing Ovations mutiert war, gebot Daniel Barenboim das Schweigen: Er erinnerte an die Situation der Bevölkerung in Syrien und daran, dass auch einigen Musikern des West-Eastern Divan Orchestra die Teilnahme an der in Salzburg abgeschlossenen Tournee nicht möglich war.

Von Reinhard Kriechbaum

altKonkret: Sieben junge Musikerinnen und Musiker aus Syrien wären eigentlich dabei, aber nur vier konnten anreisen. Im übrigen musiziert das Orcherster derzeit, wie Barenboim am Vormittag in einem Pressegespräch sagte, in sehr stabiler Besetzung. Das widerspricht zwar eigentlich der Intention, aber es hat natürlich seine Vorteile. Schließlich hat man sich seit 2010 vor allem die Beethoven-Symphonien vorgenommen, hat sie zyklisch eben erst bei den Londoner Proms hören lassen. Im Salzburger Festspiel-Konzert am Donnerstag (2.8.) war die innige Vertrautheit mit der „Fünften“ und der „Sechsten“ nicht zu überhören. In Castel Gandolfo hat man dieses Programm Mitte Juli erst dem Papst geboten – sein Segen hing wohl auch im Großen Festspielhaus noch über dem Unternehmen.

Barenboim ist sonst keiner, der aus sich heraus geht. Das Verbindliche, das Gemütvolle sind viel eher seine Sache als emotionale Grenzwerte. Auffallend daher, wie er diesmal manche Passagen in der „Fünften“ zur Siedehitze steigerte. Nicht mal mit den Fermaten im Kopfsatz-Thema hielt Barenboim sich lange auf, stürzte das Orchester quasi aus dem noch nicht verebbten Auftrittsbeifall hinein. Auch die Kontrabass- und Cello-Wirbel im Scherzo: ungewohnte Energiebündelung, aber auch ein höchst delikates Zurückführen in genau artikulierte und trotz der Tempo-Freiheiten beeindruckend gut zusammengebundene Bläser-Delikatessen. Überhaupt hält Barenboim die Tempi sehr flexibel, auch in der „Pastorale“.

Seit drei Jahren also spielt das West-Eastern Divan Orchestra nun (auch) diese beiden Symphonien. Umso bemerkenswerter, dass die Routine nicht ins Leere läuft. Das wirkte alles frisch wie beim ersten Mal, und von den Bläsern seien zumindest die Erste Oboe und das Solohorn hervorgehoben. Musiker mit so erlesener Tonqualität hört man in einem immer noch recht juvenilen Orchester nicht so bald.

Bild: SF / Fotoagentur Franz Neumayr
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