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Liebst Du um Schönheit? Nicht nur!

FESTSPIELE / LIEDERABEND HAMPSON

06/08/12 Man war schon sehr nervös als alter Fan. Nach Jahren der Abwesenheit gab Thomas Hampson einen Liederabend im Haus für Mozart. Wo doch schon 2005 die ganz hohen Töne nicht mehr alle mit Hampson’scher Selbstverständlichkeit „auf Linie“ waren. Doch die Triumphe jüngst in Zürich…

Von Heidemarie Klabacher

Tatsächlich war es ein ruhiger gewordener, manchmal beinahe introvertiert wirkender Thomas Hampson, der wie mit „Geisterhauch“ in Robert Schumanns „Liederkreis“ op. 39 eingestiegen ist. Doch wie intensiv, wie beklemmend, in der Wirkung war dieser fahle Ton, etwa auf die Zeilen „Aber Vater und Mutter sind lange tot, es kennt mich dort keiner mehr…“ Existentielle Leere tat sich auf. Im Lied „Zwielicht“ wird von gestohlener Liebe und falscher Freundschaft erzählt. Thomas Hampson machte daraus eine Suspense-Miniatur für die Waldszene im Horrorfilm. Beängstigend in der Spannung, wie unter Kontrollzwang, beinah mehr deklamiert als gesungen, wirkte diese Interpretation: „Hüte dich, sei wach und munter“.

Ebenso aufregend – mit gesanglichen Linien, die man je nach Sichtweise intensiv oder starr nennen  kann, beschwor Thomas Hampson das Bild des versteinerten Ritters „Auf einer Burg“. Das „Waldgespräch“ des Wanderers mit der Hexe Lorely gipfelte dagegen in einem – vom Sänger technisch möglicherweise tatsächlich nicht mehr kontrollierbaren – Forteausbruch.

Perfekt timbriert, schmelzend und betörend wie eh und je, waren dagegen die jeweils „geraden“ Verszeilen im Lied „Mondnacht“, die eher in der Mittellage liegen. Was freilich impliziert, dass die „ungeraden“ Verse – die mit den Linien in hohen Lagen – technisch eben nicht „perfekt“ waren, sondern ein wenig brüchig in der Höhe.

Wer von Liedgesang jedoch mehr erwartet, als ungeniert geschmetterte Töne, musste von diesem „Liederkreis“ berührt werden. Thomas Hampson hat sich zum Schluss für eine Indisposition entschuldigt. Angenommen. Lied-Gestaltung geht allemal vor Lied-Geschmetter. „Da lauschen alle Herzen und alles ist erfeut“, heißt es im Lied „Wehmut“, dessen Zeile „Als ob ich fröhlich sei“ zu den gesanglich schönsten dieses Abends zählte.

„Doch keiner fühlt die Schmerzen, im Lied das tiefe Leid“, geht es weiter – und das gilt nun wirklich fast im Wortsinn für den Mahler-Block dieses Abends, der aus den besonders expressiven Soldaten-Liedern bestand. Hier ging Thomas Hampson tatsächlich hörbar an seine Grenzen (an die Grenzen dieses Abends zumindest): rückhaltlos, rücksichtslos gegen sich selbst. Wolfram Rieger, der bei den Schumann-Liedern vor allem perlend brillante Klänge beisteuerte, schien seinen Steinway immer wieder als Schlaginstrument zu betrachten und den Sänger in die mahlenden Trommelwirbel hineinzuziehen. Eine brillante Performance – wäre da nicht die Angst um die Stimme des Sängers…

Die Zigeuner-Lieder op. 55 dazwischen erlaubten es dem Ausführenden (und auch dem Zuhörenden), ein wenig zu entspannen. Klangvoll im Timbre, vielleicht ebenfalls verhaltener im Ausdruck – jedenfalls nicht so lebhaft, wie man die Cigánské Melodie schon von ihm gehört hat - entfaltete Thomas Hampson diese sieben Genreszenen.

„Liebst Du um Schönheit“, war eines der Zugabenstücke. Ja, schon auch. Aber auch um Ausdruck und Gestaltung!

Bilder: SF /Silvia Lelli

 

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