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Feuerwerk tenoraler Kunst

FESTSPIELE / LIEDERABEND JUAN DIEGO FLÓREZ

29/08/12 Juan Diego Flórez ist der Märchenprinz unter den großen Tenören der Gegenwart. Er singt, als wäre es das Natürlichste von der Welt, neun hohe C’s in einer Arie zu schaffen.

Von Gottfried Franz Kasparek

Diese wahnwitzige Arie, die des Tonio aus Donizettis „Regimentstochter“, erklang im Liederabend, der eigentlich ein Arien-Nachmittag war, 17 Uhr im Haus für Mozart, im ausgiebigen Zugabenteil. Vorher hatte der immer noch jungenhaft wirkende, sympathisch natürliche Star aus Peru ein anspruchsvolles Zwei-Stunden-Programm geboten, sachdienlich und inspiriert begleitet von Vincenzo Scalera am Flügel. Nach einer netten Einsingarie von Giovanni Bononcini ging es mit einer kleinen Kostbarkeit des Frühklassikers Vincenzo Ciampi gleich ins Volle. Die komischen italienischen Sehnuchtsseufzer über drei Tage ohne eine gewisse Nina gestaltete Flórez ebenso perfekt und quasi augenzwinkernd wie die einer Angelika für die Rettung dankende Arie aus Niccolò Piccinnis französischem „Roland“.

Ein paar Lieder waren eingestreut. Gioachino Rossinis „Péchés de vieillesse“, Sünden des Alters, sind selten gehörte Kostbarkeiten eines nur als Opernkomponist in Ruhestand gegangenen Genießers. Höchsten Genuss bereitet auch der bei aller Kunstfertigkeit doch immer erfühlte Vortrag des Tenors, der es zustande bringt, Poesie und Schelmerei schlüssig zu verbinden. Und dies gelingt in der kalten Akustik eines Raums, der jeden Fehler aufdeckt –Juan Diego Flórez macht aber keine Fehler. Die schlank und flexibel gebliebene Stimme springt in allen Lagen bestens an, die Höhe wird im Verlauf des Konzerts immer noch freier, sicherer und strahlender, die Legatobögen verzaubern.

Die Koloraturen, die Flórez etwa in der Szene und Cavatina des Adriano aus Giacomo Meyerbeers „Il crociato in Egitto“ zu bewältigen hat, funkeln wie Edelsteine. Dies alles wird aber nicht nur mit fulminanter Stimmakrobatik, sondern mit vollendeter Musikalität vorgetragen – noch dazu gestaltet der Interpret vor allem mimisch häufig kleine Bühnenszenen.

Doch nicht nur im reinen Belcanto, sondern auch im edlen Gefühlsparfüm der französischen Romantik ist Flórez ein Meister. Charles Gounods Romeo und eine Rarität aus Èdouard Lalos „Le Roi d’Ys“ bewiesen, wie er seinem an sich „weißen“ Timbre das richtige Maß an Schmelz abgewinnen kann. Und was für ein Operettentenor! Nicht nur als Jacques Offenbachs liebenswürdiger Macho-Paris, sondern auch im Zugabenteil mit Franz Lehárs „Dein ist mein ganzes Herz“, idiomatisch sicher und in gutem Deutsch, verblüffte der Sänger mit feinem Stilgefühl und echtem Gusto. Natürlich auch in den Liedern und Zarzuela-Nummern von José Padilla, Joseph Lacalle und dem Duo Soutullo und Vert, wo der Tenor quasi ganz bei sich und in seiner Sprache sein darf. Ein Zarzuela-Abend ist dringend erwünscht.

Gaetano Donizettis Peppe-Arie aus „Rita“, die skurrile, mit C`s und Tönen darüber hinaus prunkende Studie eines Mannes, der sich am Tod seiner Frau erfreut, beendete das offizielle Programm. Doch so schnell ließ das jubelnde, Standing ovations spendende Publikum seinen Liebling nicht ziehen. Ein wahrer Zugaben-Reigen folgte, außer den schon genannten Nummern sorgten Giuseppe Verdis ausschweifender „Rigoletto“-Herzog, Donizettis schmachtender Nemorino und Rossinis koloraturengespickt glückseliger Almaviva für ein Feuerwerk tenoraler Kunst.

Bild: SF / Wolfgang Lienbacher

 

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