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Jungspunde mit Elan

FESTSPIELE / AWARD CONCERT WEEKEND

13/05/13 Spannende Begegnungen mit drei jungen Dirigenten und jungen Solistinnen brachte das „Award Concert Weekend“ mit den Finalisten des vierten „Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award“ in der Felsenreitschule.

Von Heidemarie Klabacher
und Horst Reischenböck

Die langsame Einleitung als Vorspiel zur „Verschwörung“ jugendlicher Aufständischer, die keinen Stein auf dem anderen zu lassen gedenken? Tatsächlich war die Adagio-Einleitung zur Symphonie Nr. 4 B-Dur op. 60 die Startrampe für eine mitreißende „Vierte“ Beethoven: Ben Gernon dirigierte beim ersten Award Concert am Freitag (10.5.) die Camerata Salzburg. Er präsentierte als Höhepunkt eine jugendliche Sicht auf Beethoven, die tatsächlich begeistern musste: Mit staunenswert selbstverständlicher Wendigkeit haben Ben Gernon und die Camerata die unzähligen raschen und raschesten Wechsel zwischen fröhlicher Heiterkeit und schroffer Dramatik nachgezeichnet. Die Übergänge wurden spannungsvoll zelebriert, Steigerungen mehr über die Intensität als über die Lautstärke aufgebaut. Dabei wurde Dramatik nie zum Pathos aufgeplustert, Heiterkeit nie zur beliebigen Hurtigkeit abgeschwächt. Den Soli der Holzbläser hat der junge Dirigent mit Hilfe der perfekt auf seine genauen Anregungen eingehenden Camerata hinreißende Podien aufgebaut – um sie wie mit Meisterhand entweder im Tutti-forte oder im Glanz eines Streicher-piano wieder im Gesamtklang aufgehen zu lassen.

Viel Gespür für Linien zeigte Ben Gernon auch in der etwas langatmigen Meditation „Last Door of Light“ für Kammerorchester von Peter Maxwell Davies, in der er quasi-impressionistische „Insel- und Meerstücke im Abendsonnenglanz“ und einzelne unruhevolle Episoden in einem abschließenden Malstrom kurz und schmerzlos untergehen ließ.

Solistin des Abends war die 22jährige Pianistin Sophie Pacini im Konzert für Klavier und Orchester Nr. 9 Es-Dur KV 271 „Jenamy“ von Wolfgang Amadeus Mozart: Sie trat mit der Camerata Salzburg in einen intensiven beredten Dialog, dem man (besonders im sinnierenden rezitativischen Andantino und überaus dynamisch musizierten Rondeau) sehr gerne und auch sehr genau zuhörte - ohne dass freilich die ebenmäßige Interpretation tiefere Bewegung ausgelöste hätte.

Genau umgekehrt lag der Fall beim zweiten Award Concert am Samstag (11.5.): Der 1989 geborene chinesische Dirigent Yu Lu (Assistent bzw. Schützling von Seiji Ozawa, Mariss Jansons oder Myung-Whun Chung) lieferte mit dem Mozarteumorchester eine schwungvoll harmlose „Fünfte“ Schubert in der Felsenreitschule ab, nachdem er zuvor mit der Geigensolistin Vilde Frang und mit dem Konzert für Violine und Orchester Nr. 5 A-Dur KV 219 das Publikum verzaubert hatte. Mit mitreißend vorwärts drängendem Impetus stiegen Solistin, Orchester und Dirigent in das Allegro ein – um mit dem Adagio tatsächlich zu verzaubern, es gibt kein anderes Wort: Federnd tänzelnd und zart kam das Thema daher, in vielen Farb- und Klangschattierungen. Und dann zeigte sich, dass die Ausführenden den harmonisch weniger „harmlosen“ Passagen eine abgründige Tiefe zu verleihen wussten, die von nur „Mozart’scher Lieblichkeit“ unendlich weit entfernt war: Sie spannte weite Bögen hinab in eine fast schon romantisch gebrochene Intensität.

Auch dieser Abend hatte einen quasi „zeitgenössischen“ Programmpunkt: Yu Lu führte mit großer ruhiger Geste und viel Gespür für eine feine  Farb-Aufspaltung des Klanges durch das unendliche Aus- und Einatmen von Jonathan Harveys „Tranquil Abiding“. (klaba)

Mit einer Matinee am Sonntag (12.5.) beschlossen der Dirigent Antonio Méndez, das Münchner Rundfunkorchester und der Klarinettist Sebastian Manz das „Award Concert Weekend“.

Auch hier eröffnete - mit James MacMillan - ein zeitgenössischer britischer Komponist das Programm. Schlagtechnisch nicht übertrieben fordernd, verlangt seine einsätzige „Sinfonietta für Orchester“ gleichwohl überlegte Disposition: Das Stück entwickelt sich ruhig aus drei abfallenden Noten heraus, die sich vermehren (und gegen Schluss zu an Schönbergs „Verklärte Nacht“ erinnern), um letztendlich in kristallinen Klaviertropfen zu verdämmern – während mittendrin, die große Trommel in die Karikatur eines Marsches überleitet.

Sebastian Manz war der Solist in Mozarts Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur KV 622. Das Allegro: ein Feuerwerk virtuoser delikat austarierter Klänge über alle Register seiner Klarinette hinweg. Das Adagio: bis ins Pianissimo hinein verströmende Gesangslinien, subtil verhauchend. Das Rondo: spitzbübisch augenzwinkernd.

Temperament zeigte der 1984 in Palma de Mallorca geborene Dirigent Antonio Méndez im ersten Satz von Mendelsohns „Italienischer“. Der melancholischen Andante-Kantilene verhalf er zu blühendem Leben, fügte daran die Reminiszenz eines zarten Tanzes - und katapultierte danach sich selbst und das Orchester kopfüber in den finalen Taumel. (reisch)

Zum Porträt des Preisträgers {ln:Von der Tuba zum Taktstock}
Bilder: SF/Doris Wild&Team

 

 

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