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Trinken und Lachen eint Götter und Menschen

FESTSPIELE / ENSEMBLE YUSEI

23/07/13 Neue Saat auf altem Boden: Das Ensemble Y?sei aus Tokio mit traditioneller Hofmusik und Toshio Hosokawas Kontemplationsmandala am Montag (22.7.) in der nächtlichen Kollegienkirche.

Von Erhard Petzel

091Über 1200 Jahre wird Gagaku am japanischen Hof gespielt, parallel zum buddhistischen Sh?my? (im Zentrum der Darbietung abends zuvor). Da die Melodien, die auch aus Tanzliedern stammen, im Gagaku zur Unkenntlichkeit zerdehnt werden, entsteht ein erhabener Stil, der den Einsatz sowohl weltlicher wie geistlicher Musik bei diversen Gelegenheiten zulässt. Da ohne echte Polyphonie oder Akkordik, können bei der Orchestrierung ohne Verlust der musikalischen Substanz Abstriche gemacht werden.

Im 1. Teil des Konzerts wurden 3 wichtige Instrumente zunächst solistisch vorgestellt: Die Mundorgel Sh? erfüllte in einem Präludium über den Modus S?j? den weiten Kirchenraum mit ihren Klangflächen, aus denen die Kerntöne apart herausgearbeitet wurden. Hichiriki, eine kleine, dafür tieflagige Oboe mit dem Umfang einer Oktave, übernimmt mit einem Shuk?shi im Volltönen langer Atemphasen. Nahtlos führt Altmeister Sukeyasu Shiba mit einem von ihm komponierten Goj? auf der Ry?teki fort. Diese Bambus-Querflöte ist dann auch das in der Tongebung wandlungsfähigste der Instrumente.

092Abgeschlossen wurde diese halbe Stunde mit einem Konju. Ursprünglich ein Tanzstück um einen vom Wein berauschten Würdenträger, diente diese Musik für shintoistische Rituale (Komik und befreiendes Lachen stärken die Bande zwischen Menschen und Göttern; Sake wird dazu als befreiendes Hilfsmittel geschätzt). Nach einem kurzen Netori (Aufnehmen des Tones und Einstimmung) setzen die Instrumente streng in der oben erfolgten Reihung ein, ergänzen und unterstützen sich in archaischer, klangfarbiger Fülle.

Nach der Pause dann „New Seeds of Contemplation-Mandala“ des Komponisten Toshio Hosokawa aus dem Jahr 1995. Für die Donaueschinger Musiktage neu überarbeitet, führte das Stück mit der Idee, traditionelle rituelle Musik mit zeitgenössischer Komposition zu verbinden, 1986 auch zur Gründung des Ensemble Y?sei durch Hofmusiker Shiba und Tendai-Priester K?shin Ebihara. Ein bunter Mandala-Teppich wird über die Bühne verspannt, dessen 9 Sektoren, mit Sanskrit-Zeichen (Shuji) bemalt, 4 Priester-Sängern und 5 Gagaku-Musikern ihren Platz bieten.

093Hosokawa verbindet mit seiner mystischen Kompositition also die Inhalte der beiden bisherigen Abende mit Sh?my? und Gagaku, was für japanische Riten Tradition hat. Der Bogen in den sieben Sätzen spannt sich über die Bewegung des Atems (mit ritualisiertem Aufgang) zu kontemplativen Bewegungen, die über die vier Jahreszeiten symbolisiert werden, zu einem Mandala-Gebet (Drehung im Kreis) und einem finalen Abgang. Im Zentrum steht als Erste und Letzte die Sh? (Mayumi Miyata), zu deren sphärischer Klangfläche sich die anderen Instrumente und die Stimmen der Mönche zu esoterischen Klang-Geweben mischen.

Das bisherige Instrumentarium ergänzt ein großer Gong in der Bühnenmitte, eine Kugo (Nachbau einer alten Winkelharfe), eine U (große Mundorgel), eine Haish? (Panflöte), Kin (Klangschale) und diverses Schlagwerk. Die Mönche singen Hymnen, ein Opferlied und einen Lobpreis auf Buddha. Verwoben mit dem Ort ihres Mandalas stehen sie für die Identität von Immanenz und Transzendenz, für eine innige Durchwirkung von Mikro- und Makrokosmos, eine unzerstörbare und unvergängliche Wahrheit, symbolisiert durch den Diamanten, im Zentrum Buddha Mah?vairocana-tath?gata als alles bedingender Urgrund. Das bedingt auch den esoterischen Applaus eines kosmisch leicht erschöpften Publikums.

Bilder: SFS / Silvia Lelli

 

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