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Stimmen-Reigen

YOUNG SINGERS PROJECT / FINALE

1908/14 Man meinte man ja schon, im Finale des Mozartwettbewerbs zu sitzen: Neun von zwölf Nummern im ersten Teil des YSP-Abschlusskonzerts waren von Mozart. Im zweiten Teil hielt Mozart nur mehr bei eins von zehn. Die erfreuten Rufezeichen, die man im Programmheft neben die Namen der jungen Sängerinnen und Sänger setzte, nahmen in Richtung Rossini und Donizetti hin zu.

Von Heidemarie Klabacher

„Kommt Barbaren, kommt zum Feste! Kommt und schaut die Todesbraut!“ Gaetano Donizettis Oper „La Favorita“ steht diesen Festspielsommer noch in einer konzertanten Aufführung ins Haus. Die Mezzosopranistin Annika Schlicht hat mit der Arie der Leonora „Fia dunque vero… O mio Fernando“ gehörige Lust gemacht auf noch viel mehr Liebesleid, Leidenschaft und Tragödie. Vor allem aber auf noch viel mehr virtuos perlende Koloraturen, aufgefädelt auf präzise phrasierte Linien, auf profunde und doch schlanke Mezzo-Tiefe und auf warm strahlende Mezzo-Höhe. Ein Höhepunkt des Arienreigens – dem Annika Schlicht im Finale aus dem 2. Akt der „Fledermaus“ als Orlofsky noch eine bemerkenswerte Coda anhängte.

Stilistisch nicht ganz einwandfrei (wer berät die jungen Leute nur bei der Auswahl der Stücke) aber stimmlich überaus überzeugend hat die Mezzosopranistin Henriette Gödde Christoph Willibald Glucks Arie des Orfeo „Che farò senza Euridice“ gesungen.

Die Mezzosopranistin Diana Haller hat – zunächst mit dem nicht ganz „altersgemäßen“ Gestus der Diva – angehoben, die große Arie „Nacqui all’affanno“ der Angelina aus Rossinis „La Cenerentola“ zu singen. Doch schon nach dem einleitenden Klagegesang („Ich war zu Kummer und Tränen geboren“) blühten die Sängerin und ihre Figur auf zu mitreißendem Temperament, Strahlende warme Höhe, klar fokussierte Tiefe, dazwischen perlende Koloraturen. Bravo.

Ebenfalls ein Erlebnis war die Arie des Nemorino „Una furtiva lagrima“ aus Donizettis „L’elisier d’Amore“ gesungen von dem aus Samoa stammenden Tenor Amitai Pati. Facettenreiches Timbre, lockere strahlende Höhe (wenn auch im piano nicht ganz ungetrübt), souveräne Bühnenpräsenz: Das war ein überzeugender Auftritt, der von viel Potential sprach.

Eine geradezu liebenswürdige Performance lieferte der 1990 geborene österreichische Bariton Wolfgang Resch als Papageno, stimmlich überzeugend, mit hervorragender Textdeutlichkeit, feinem Timbre und klar über die Lagen geführter Kantilene.

Viel Raum zur Entfaltung hatte er nicht: Die Camerata Salzburg ist in dieser Nummer von Theodor Guschlbauer zu zackigem Tempo und so gut wie allen anderen Nummern zu unsensibler Lautstärke verdonnert worden. Wüsste man nicht, dass die Camerata Salzburg fast immer ein ausgezeichnetes, manchmal sogar ein legendär gutes Orchester ist, hätte man aus diesem Abend einen falschen Eindruck mitgenommen. Die vereinzelten Unfeinheiten und Unkoordiniertheiten im Orchester haben dabei weniger irritiert, als die durchgehende Rücksichtslosigkeit in der Lautstärke gegenüber den Sängerinnen und Sängern.

Da und dort hat man sich gefragt, wer die jungen Leute im Rahmen des Young Singers Project berät. Wer etwa zulässt, dass ein Tenor mit samtig weichem Timbre, kräftiger und strahlender Höhe – fast ein Bilderbuchtenor fürs italienische Fach – sich selbst zum Zwischenpausen-Clown degradiert. Warum etwa eine technisch hervorragende Sängerin mit großem reifen, ans Dramatische reichendem Sopran ausgerechnet mit einer der zartesten Mozart-Arien (Ilias „Zeffiretti lusinghieri“ aus dem „Idomeneo“) ins Rennen geschickt wird.

Gäbe es bei diesen Festspielen einen Figaro, könnten einige hervorragende junge Sänger für den Grafen oder, wie etwa der Litauer Raimundas Juzuitis und der hervorragend deklamierende Peter Kellner – für den Figaro persönlich als Cover bereit stehen.

Ob die jungen Stimmen die Belastungen des heutigen Opernbetriebs aushalten werden, reifen und sich gesund entwickeln können? Wer weiß. Jedenfalls wünscht man all diesen jungen Sängerinnen und Sängern herzlichst alles Gute.

Bilder: SFS/Silvia Lelli

 

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