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Liebenswürdiger Aufruf gegen Rassismus

FESTSPIELE / KLANGFORUM / CAMBRELING

08/08/15 Jazz und Blues. E-Gitarre und Schlagzeug. Klassische Moderne und Neue Musik. Dazu Passagen vom Band aus Reden von Martin Luther King. Letztere untermalt mit Spährenklängen. Man meint, die Engel singen zu hören: Das Klangforum Wien unter Sylvain Cambreling brachte in der Kollegienkirche die Eleanor-Suite von Olga Neuwirth zur Uraufführung.

Von Heidemarie Klabacher

„Diese Komposition ist für mich ein Tribut an die vielen Menschen, die es wagten und wagen, Kritik auszusprechen, trotz aller sozialen und politischen Widerstände“, schreibt die Komponistin. Die Suite sei ein spontaner Ausdruck ihrer „hilflosen Empörung gegen rassistische Gewalt und gegen Gemetzel, wie in der Redaktion von Charlie Hebdo geschehen. „Eleanor-Suite ist meine Art von Solidarität und mein künstlerischer Protest gegen geforderte Alltagskonformität sowie äußere und innere Repression.“  

„Eleanor-Suite“ ist eine gefällige Aufeinanderfolge von Jazz- und Blueselementen, E-Gitarren- und Schlagzeugsoli, oder Ensemblepassagen, die die Klassische Moderne wie die Musik der Gegenwart herbeizitieren. Dazu kommen eingespielte Passagen aus Gedichten der afroamerikanischen Lyrikerin June Jordan (1936  bis 2002) und aus Reden von Martin Luther King. Manchmal aber auch Gershwin’sche Klarinetten- oder Harlem'sche Gospel-Schnipsel. Am Anfang und am Ende steht ein Tusch.

Das Klangforum Wien unter Sylvain Cambreling brachte die Ereignisfolge in einen großen, immer wieder effektvoll gebrochenen, Spannungsbogen und kostete die vielen zitierenden Passagen genüsslich und klangvoll aus. Spannend die Einwüfre des charismatischen Schlagzeugers Tyshawn Sorey. Vor allem aber begeisterte die Bluessängerin Della Miles mit ihrem intensiven, in Authentizität und Tradtion geerdeten Gesang.

Mit „Lonicera Caprifolium für Ensemble und Tonband“ aus dem Jahr 1993 erklang ein weiteres Werk von Olga Neuwirth im zweiten Klangforum-Konzert in der Pierre Boulez gewidmeten Reihe „Salzburg Contemporary“.

Vom Meister persönlich stand ein Frühwerk, heute ein Klassiker, auf dem Programm: „Marteau sans maître, Poèmes de René Char pour voix d’alto et six instruments“ aus 1953/55.

„Der herrenlose Hammer“ hat schon Adorno, Strawinsky oder Ligeti begeistert und ist sechzig Jahre nach seiner Uraufführung noch immer ein Hammer: Das neunteilige, energiegeladen und nervös zugleich vorwärts drängende „Jugendwerk“ des Dreißigjährigen nimmt aus dem Blickwinkel „im Nachhinein“ schon vieles vom „Spätwerk“ vorweg. Vor allem etwa das virtuose Ineinandergreifenlassen von Passagen formaler Strenge (die hier teils seriellen Gesetzen folgen) und Passagen der Klangfülle und Kantabilität.

Für letztere stand in der Kollegienkirche die Altistin Hilary Summers, die schon bei der von Pierre Boulez persönlich dirigierten (mit einem Grammy ausgezeichneten) Einspielung von „Marteau sans maître“ mitgewirkt hat. Der Vokalpart basiert teils auf Passsagen aus den titelgebenden surrealistischenen Gedichten von René Char, und ist teils reine Vokalise. Besonders im Dialog mit Eva Furrer, der Soloflötistin des Klangforums, entwickelte Summers eine faszinierende Ebene schier vollkommner Ruhe über dem fein ziselierten pochenden Instrumentalpart.

Die Aufnahme des Konzerts wird am 18. und am 24. August jeweils um 23.03 in O1 in der Reihe ZeitTon gesendet.
Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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