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Lieber im größeren Gemäß dekantieren

FESTSPIELE / MOZART-MATINEE / ÁDÁM FISCHER

24/08/15 Andrés Orozco-Estrada, Rudolf Buchbinder, Ivor Bolton, Giovanni Antonini und zum Abschluss Ádám Fischer – eine beachtliche Bandbreite an Interpretationsansätzen konnte man heuer bei den Mozart-Matineen erleben.

Von Oliver Schneider

Das hat dem regelmäßigen Besucher des beliebten Zyklus am Samstag- und Sonntagvormittag auch gezeigt hat, wie flexibel das Salzburger Orchester heute ist. Den frühen Reihenabschluss bereits eine Woche vor Festspielende gestaltete also der aus Budapest stammende Ádám Fischer. Der Swarovsky-Schüler, Mitinitiator der vor einer offenen Zukunft stehenden Haydn Festspiele in Eisenstadt und Gründer der Österreichisch-Ungarischen Haydn-Philharmonie, ist häufigerer Gast in Salzburg und selbstverständlich an den großen Opernhäusern der Welt. Im Gegensatz zu seinen Vor-Dirigenten an den letzten beiden Wochenenden sind seine Interpretationen traditioneller verhaftet, was aber nichts mit der Qualität zu tun haben muss.

Eröffnet haben Fischer und das Mozarteumorchester das Konzert mit Wolfgang Amadeus Mozarts erster Symphonie KV 16 in Es-Dur, die 1765 während des Aufenthalts der Mozarts in London uraufgeführt wurde und in der sich die Vorbilder Johann Christian Bach und Carl Friedrich Abel gut erkennen lassen. Erfrischend musiziert haben die Musiker die beiden Ecksätze. Im dunkel-grundierten Andante waren die Mittelstimmen deutlich präsent, während die Hörner – wie auch im Schlusssatz – am Samstagmorgen Anlaufschwierigkeiten hatten.

Annett Fritsch, die Figaro-Gräfin in Sven-Eric Bechtolfs Neuinszenierung, gestaltete zunächst die für Josepha Duschek komponierte Szene „Bella mia fiamma addio – Resta, oh cara“ KV 528, in der Mozart aus kleiner persönlicher Rache an der Sängerin den Tritonus siebenmal abwechselnd auf- und absteigen lässt. Damit brachte Mozart freilich auch Annett Fritsch an ihre Grenzen, deren Gestaltung vielleicht auch deshalb zu distanziert geriet. Da lag ihr die schon von Mozart vor der Uraufführung gestrichene abschließende c-Moll-Arie „D’Oreste d’Aiace“ mit dem vorangehenden Rezitativ aus seinem 1781 uraufgeführten Idomeneo besser, auch wenn sich in der Höhe gewissen Verhärtungen zeigten. Rundherum glücklich wurde man hingegen bei Rezitativ und Rondo „Ch’io scordi di te? – Non temer, amato bene“ KV 505. Hier gefiel Annett Fritsch mit ihrer runden Mittellage und der soliden Tiefe. Maestro Fischer ließ es sich nicht nehmen, selbst die obligate Klavierstimme zu übernehmen.

Franz Schuberts Achte Symphonie beschloss das Konzert, ein Werk, das den doch recht intimen Rahmen des Großen Saals des Mozarteums sprengt. Robert Schumanns Diktum von den „himmlischen Längen“ musste man am Wochenende insoweit relativieren, weil Fischer die Musiker geradezu durch die Partitur peitschte. Verhetzt klang es trotzdem nicht. Der Atem war spürbar, auch der Wille, den Weg von Schubert zu Bruckner und Mahler zu zeigen, vor allem im langsamen Satz und im abschließenden Allegro vivace mit der überstrahlenden Coda. Etwas zu grob ließ Fischer das Scherzo spielen. Insgesamt bot die Achte, die in einem größeren Saal, ähnlich einem guten Wein nach dem Dekantieren, sicherlich noch mehr Luft bekommen hätte, einen würdigen, wenn auch nicht sehr klanggestalterischen Abschluss der Matineen-Konzertreihe.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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