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„Näher mein Gott zu Dir...“

STICH-WORT

21/04/23 Jeder kennt die Geschichte von der Bordkapelle auf der Titanic. Die achtköpfige Gruppe spielte angeblich so lange, bis nur mehr der letzte Zipfel vom Bug des Schiffs aus dem Meer lugte. – Morgen Samstag (22.4.) ist Earth Day. Unsere Welt ist klimatisch und biosphärisch auch schon in Schieflage. Wie schaut's aus mit der Musik zum Weltuntergang?

Von Reinhard Kriechbaum

Zwar hat keiner der Titanic-Musiker überlebt. Immerhin ist im Jahr 2013 die Geige des Bandleaders Wallace Hartley aufgetaucht. Auf dem Saitenhalter ist eingraviert: „Für Wallace aus Anlass der Verlobung mit Maria.“ Das Instrument dürfte also echt sein. Zwei Wochen nach dem Untergang am 15. April 1912 erschien ein Zeitungsbericht, der behauptete, Hartley habe, als man seine Leiche aus dem Nordatlantik fischte, einen ledernen Instrumentenkasten um die Brust geschnürt getragen. Aber nicht dieses Ding hielt den Leichnam an der Wasseroberfläche, er trug eine Schwimmweste.

Aber jetzt genug mit damit. Die Geschichte ist uns nur eingefallen, weil sich in der heimischen Pop- und Rockszene die Initiative Music Declares Emergency Austria gebildet hat. Und diese hat sich anlässlich des bevorstehenden Earth Day mit einem Offenen Brief an die Bundesregierung gewandt. Man fordert von der österreichischen Politik mehr Ambition beim Klimaschutz, etwa ein Klimaschutzgesetz, einen Stopp klimaschädlicher Straßenbauprojekte, ein Tempolimit oder eine Obergrenze für den Bodenverbrauch in Österreich. „Die Klimakrise und die Zerstörung der Natur sind die größten Bedrohungen für den Planeten – und vor allem für die Menschen, die auf ihm leben. Die bisher gesetzten Maßnahmen reichen nicht aus, um den Klimanotstand abzuwenden“, so die Vertreterinnen und Vertreter der Musikbranche.

Music Declares Emergency ist eine internationale Initiative der Musikbranche für den Schutz des Klimas und der Biodiversität. Sie ist in bisher dreizehn Ländern aktiv. Nun also auch in Österreich, wo sich unter anderem Ina Regen, Hearts Hearts, Fred Owusu, Skero, Dorian Concept und Sigrid Horn dafür stark machen. Mit der Kampagne No Music on A Dead Planet wirbt man in den kommenden Wochen um Unterstützung von Musikschaffenden und Publikum. Über Social Media rufen Acts wie Yasmo, Mynth, Mother’s Cake, Anna Buchegger, PIPPA, ELAV, Lausch oder Neuschnee die Politik zum Handeln auf. Sie wollen auch ihre Fans mobilisieren.

Ob all diese Gruppen künftig mit gutem Beispiel vorangehen und mitsamt ihrem nicht selten umfangreichen technischen Equipment auf Öffis umsteigen, wenn sie zu Konzertauftritten reisen? Wir vermuten jedenfalls, dass sie alle spielen bis zuletzt, so wie einst die Kollegen auf der Titanic: „Näher mein Gott zu Dir...“

 

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