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Altstadtbeschwerden und Heilkräuter

HINTERGRUND / ARCHITEKTURTAGE

07/05/14 Manchmal hat sogar das enge, mittelalterliche Salzburg einen Anflug von Manhattan. Da ist man gar nicht so hoch eine unendlich schmale Stiege hinauf gegangen – und blickt so unendlich tief hinunter in den steingepflasterten Innenhof!

Von Reinhard Kriechbaum

Warum ist es im Haus Rathausplatz Nr. 4 so dass der Innenhof gleich ein Stockwerk unter dem heutigen Straßenniveau liegt? Es wurde später aufgeschüttet zum Staatsbrückenkopf hin.

Für die Architekturtage 2014, am 16. und 17. Mai, hat die Initiative Architektur dieses Gebäude als zentralen Ausgangspunkt ausersehen: Jedem Salzburger ist es geläufig, man hat dort in besseren Zeiten Geschirr kaufen können. In den Stockwerken drüber hat die Schweizer Vontobel-Bank residiert, die in ganz guten Zeiten die Spendierhosen für die Osterfestspiele angehabt hat. Tempi passati: WMF hat sein Sortiment abverkauft, Vontobel hat die edle Geschäftsstelle aufgelassen. Nun ist Wüstenrot als Hausbesitzer gerade dabei, für die edle Altstadtimmobilie eine neue Nutzung zu finden.

Chance für die Initiative Architektur, bei den biennal stattfindenden Architekturtagen (die 2012 österreichweit rund 30.000 Menschen, in Salzburg rund 2.500 auf die Beine gebracht haben) die Salzburger in dieses gerade leer stehende Haus einzuladen. Eigentlich sind es drei miteinander verbundene mittelalterliche Häuser. Die über einen Meter dicken Außenmauern sitzen auf der alten flussseitigen Stadtmauer auf. Manche Räume sind so niedrig, dass man mit der Handfläche an die Decke greifen kann. Nicht nur wegen der Niveauunterschiede des Fußbodens heißt es bei manchem Türsturz, den Kopf einzuziehen.

Der Clou ist ein Raum mit Pflanzenfresken. Vielleicht hat er historisch mit der in einem angrenzenden Haus untergebrachten Biber-Apotheke zu tun: Durchaus möglich, dass der Freskant auf Wunsch des Apothekers exotische Heilkräuter und das eine oder andere das Grün umschwirrende Getier an die Wand gemalt hat. In manchen Räumen gibt es zierlichen barocken Stuck, und in einem Raum mit schwarzer Holzwand und gewaltigen Decken-Tramen steht ein wunderbarer grüner Keramik-Ofen. Jede Kachel trägt Namen und Wappen eines Salzburger Erzbischofs.

Diese Kleinodien wird man also sehen können während der Architekturtage. Dort gibt es sogar eine Theater-Intervention: „ohnetitel“ wird hier ein „Amt für ALTstadtbeschwerden“ einrichten und Schüler stellen ihr Projekt „Aus ALT mach NEU“ vor. Einige Rundgänge nehmen hier ihren Ausgamng.

„Alt Jetzt Neu“ ist das Motto der Architekturtage heuer. Es geht also darum, wie Architekten mit alter Bausubstanz umgehen. Jana Breuste, Kunsthistorikerin und Mitarbeiterin der Initiative Architektur hat dazu mit Studenten aus Innsbruck eine kleine Fotoschau zusammen gestellt, zu sehen während der Architekturtage in erwähntem Haus am Rathausplatz: Beispiele vom Bahnhof bis zur Blauen Gans, vom Gusswerk bis zur Alten Diakonie.

„Das Bauen im Bestand ist eine Zukunftsaufgabe der Architektur angesichts des gesteigerten Platzbedargfs“, erklärt Jana Breuste. Nachverdichtungen machten das Umgehen mit Bestandsbauten zu einem virulenten Thema im Städtebau. „Die Veränderung bestehender Architektur gewinnt gegenüber der Neubautätigkeit als Arbeitsfeld für Architekten immer mehr an Bedeutung. Sie macht bereits 50 bis 70 Prozent der Bauaufgaben und zirka 50 Prozent der Bausummen aus“, weiß Breuste.

Logisch, dass Salzburg ein Hotspot ist, was das Bauen im Alten und ums Alte ist. Das also ist ein Thema bei den rund fünfzig Einzelveranstaltungen bei den Architekturtagen. Es gibt Führungen, Touren, viele Architekten öffnen ihre Ateliers und haben sich Kulturprogramme ausgedacht für diese beiden Tage.

Architekturtage 2014, 16.-17. Mai. Es gibt Veranstaltungen in allen Bundesländern: http://www.architekturtage.at/2014/
Das Programm in Salzburg http://www.architekturtage.at/2014/event.php?id=26
Bilder: dpk-krie

 

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