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Vom Zeh des Heiligen Petrus

MOZARTWOCHE / CARA SORELLA MIA

30/01/21 „Dass Du mir den traurigen und mir ganz unvermutheten Todesfall unsers liebsten Vaters nicht selbst berichtet hast, fiel mir gar nicht auf, da ich die Ursache leicht errathen konnte. – Gott habe ihn bey sich! – Sey versichert, meine Liebe, dass, wenn Du Dir einen guten, Dich liebenden und schützenden Bruder wünschest, Du ihn gewiss bey jeder Gelegenheit in mir finden wirst.“

Von Heidemarie Klabacher

Mozart und der Mozartbrief. Man verzieht das Gesicht und erwartet Ungehöriges. Die „Bäsle-Briefe“ sind aber nur ein Aspekt. Die Mozarts, und Wolfgang mit ihnen, haben ihr Leben quasi in Briefen der Nachwelt „hinterlassen“. Das sind nicht nur unendlich reiche Quellen für die Musikwissenschaft. Auch die Alltagsgeschichte der Mozartzeit und darin inbegriffen natürlich auch der Alltag der Familie Mozart kommt uns Heutigen in diesen unzähligen Dokumenten näher als jede noch so fundierte Biopic.

Heiter klingt es am 14. April 1770 aus Rom: „Ich bin got lob und danck Samt meiner miserablen feder ge=sund, und küsse die mama und die nanerl tausend oder 1000 mahl. nb: ich wünschte nur das meine schwester zu Rom wäre, dan ihr wurde diese stadt gewis wohlgefahlen, indem die peters kirchen Regulair und viele andere sachen zu Rom Regulaire sind.“ Den Zeh des Heiligen Petrus habe er zum Küssen nicht erreichen können „weil ich das unglück habe so klein zu seÿn“. Daher habe man ihn „als den nehmlichen alten fechsen Wolfgang Mozart hinauf gehebt“.

Zentrale Lebensereignisse sind in den Briefen Wolfgangs an Anna Maria dokumentiert. Traurige, wie der Tod des Vaters, heitere, wie die Vermählung der Schwester: „Potz Saperment! – izt ist es zeit daß ich schreibe, wen ich will daß dich mein brief noch als eine Westalin antreffen soll! – ein paar täg Später, und – weg ist's. – Meine frau und ich Wünschen dir alles glück und vergnügen zu deiner Standesveränderung, und bedauern nur von Herzen daß wir nicht so glücklich seÿn könen, beÿ deiner ver=mählung gegenwärtig zu seÿn“, schrieb Mozart am 18. August 1784 aus Wien an die Schwester. In diesem berühmten Brief kommen ein paar fast Bäsle'sche Zweideutigkeiten vor: So dichtet ein „aufrichtiger bruder“:

„doch schwester, diese Ehstands Pflichten
wirst du vom Herzen gern verrichten,
den glaube mir, sie sind nicht schwer;
doch Jede Sache hat zwo Seiten;
der Ehstand bringt zwar viele freuden,
allein auch kumer bringet er.
drum wen dein Man dir finstre Mienen,
die du n[i]cht glaubest zu verdienen,
in seiner üblen laune macht:
So denke, das ist Mänergrille,
und sag: Herr, es gescheh dein Wille
beÿ tag – – und meiner beÿ der Nacht.                                                                                     

Die Schauspielerin Adele Neuhauser las im Tanzmeistersaal im Wohnhaus der Mozarts am Makartplatz aus Briefen Wolfgangs an seine Schwester Maria Anna. Dazwischen spielten Emmanuel Tjeknavorian und Marie Hauzel auf Mozarts Originalinstrumenten Sätze aus Sonaten für Klavier und Violine für Violine und Klavier – hurtig und frisch und laut und kräftig an der Oberfläche der Musik plätschernd, ohne einen Moment vom Sog der Musik in die Tiefe beschwert zu werden.

Das Konzert wird am 6. Februar um 20.15 Uhr unter dem Titel „Mozart schreibt... Cara sorella mia – Briefe und Musik” auf 3sat gesendet – mozarteum.at
Die Briefe der Familie Mozart online – dme.mozarteum.at/briefe-dokumente/online-edition
Bilder: Stills aus dem Stream

 

 

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