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Tigerkrallen

MOZARTWOCHE / MOZARTEUMORCHESTER / AFKHAM

31/01/12 Das Publikum ist manchmal gnadenlos. So am Montag (30.1.) beim Konzert des Mozarteumorchesters unter der Leitung von David Afkham. Applaus für eine expressive „Verklärte Nacht“: Freundlich. Für Starsopranistin Mojca Erdmann: Enden wollend. Für eine dynamisch vorwärts drängende g-Moll Symphonie: Immerhin kräftig.

Von Heidemarie Klabacher

altJubel wollte sich jedenfalls keiner einstellen am Montag (30.1.) im Großen Saal. Am wenigsten für Mojca Erdmann, deren Aufsehen erregendes feuerblaues Kleid in der Pause viel eifriger kommentiert wurde, als die Gesangsleistung. Dabei wäre der Arienblock ziemlich originell gewesen. Thema der Opernhäppchen von Mozart und Zeitgenossen: Zoff mit dem Vater.

Die Väter haben seinerzeit ihre Töchter anscheinend mit blutig-leichter Hand um Leben, Liebesglück und Kaiserkrone gebracht. Ersteres kennt man heute noch von Ehrendmorden in Parallelkulturen. Letzteres dürfte in der deutschen Oper „Günther von Schwarzburg“ zum letzten Mal geschehen sein: Ignaz Holzbauer, Oberkapellmeister am Mannheimer Hof, hat in seiner Nationaloper über einen deutschen Gegenkönig aus dem 14. Jahrhundert die scharfe Trennung von Rezitativ und Arie aufzulösen begonnen - und Mozart damit ziemlich beeindruckt.

Nicht aber das Mozartwochen-Publikum. Verdenken kann man es den Leuten nicht: In Klangfarbe und Lautstärke undifferenziert - wiewohl leicht und beweglich - hat Mojca Erdmann die Pfalzgräfin ihre Trauer um die „Rosenstunden“ anheben lassen. Geradezu schrill kamen danach Rezitativ und Arie der Ilia „Padre, germani, addio“ aus Mozarts Idomeneo daher.

David Afkham, 2010 erster Gewinner des neuen „Young Conductors Award“ der Salzburger Festspiele, hat am Pult des Mozarteumorchesters nicht viel gegen diese lautstarke  Eintönigkeit unternommen - und kräftigen Tönen halt kräftige Töne entgegengesetzt. In einer Arie aus Antonio Salieri „Les Danaides“ fleht auch eine Tochter ihren Erzeuger um Gnade an: Hier waren immerhin die ersten leisen und lyrischen Töne der Sopranistin zu vernehmen, während die konventionelle Komposition von Afkham konventionell daneben her interpretiert wurde.

altWirklich ein „Hit“ war die Orchesterbegleitung zur „Tiger“-Arie aus Mozarts „Zaide“. Im Vorgängerwerk zur „Entführung“ klagt eine gefangene Europäerin ihren grausamen Entführer an: „Tiger wetze nur die Krallen…“ Da hörte man im Forte tatsächlich die Tatzenhiebe ins Orchester sausen, da sah man im Piano den Tiger bedrohlich zum Sprung sich ducken.

Hier schienen sich David Afkham und das Mozarteumorchester (die im Juni im Donnerstagszyklus wieder gemeinsam in Salzburg zu erleben sein werden) endlich gefunden zu haben: Mozarts Symphonie g-Moll KV 550 ließ vom federnden Einstieg ins Molto allegro an aufhorchen - und die Aufmerksamkeit nicht mehr schwinden.

Brillant wie immer die Bläser des Mozarteumorchesters: Lustvoll herausgearbeitet waren die markanten leitmotivischen Fagott- und Klarinetten-Einwürfe, strahlend die Flöten- und Oboen-Linien im ersten Satz. Dennoch war es eine Interpretation mit Ecken und Kanten: Wie Tropfen fallen die lieblichen Bläser-Töne im Andante. Aber nicht jeder dieser behutsam, scheinbar einzeln modellierten Klangtropfen fiel in einen heiteren Waldsee. Der Abgrund dräut. Dramatik ist gerade in diesem Werk Mozarts unterschwellig auch in der Heiterkeit immer zu spüren: Das hat der junge Dirigent Jahrgang 1983 genau und packend herausgearbeitet.

Einer der Leisen ist David Afkham dennoch nicht: Das mächtige Menuett mit den serenadenhaften Intermezzi war weniger ein Tanz, denn ein Demonstrationsmarsch. Das finale Allegro Assai bestach mit seiner nervös vorwärts drängenden Unruhe. Auch unter den feinen Bläser-Episoden blieb dieses pulsierende Drängen spürbar. Spannend auch die kraftvoll aufgebauten kontrapunktischen Expositionen - geradezu gefährlich…

Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher

 

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