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Buchstaben, Farbe, Musik

DIALOGE / TRAKL-PREIS, LIVE-PAINTING

03/12/12 Wer beide Dialoge-Konzerte am Freitag (30.11.) besucht hat, erlebte einen gar nicht so langen und keinen Takt lang langweiligen Abend mit zwei Weltklasse-Pianisten, an dem sich die Musik mit ihren Schwesterkünsten aufs Schönste verbunden hat.

Von Gottfried Franz Kasparek

Es begann schon um 17 Uhr im Wiener Saal mit der Verleihung des Trakl-Preises an Elke Erb und des Förderpreises an Christian Lorenz Müller, die beide auch anregende Proben ihrer feinen Lyrik lasen. Auf Vertonungen dieser oft in sich musikalischen Texte wäre man übrigens gespannt. Manfred Trojahn hat Fragmente Georg Trakls in Musik gesetzt, bereits anno 1984/85, in einer Art, die damals im Rahmen der Avantgarde mutig war, nämlich mit einem auf die Tasten beschränkten Klaviersatz und einer zwar expansiven, aber doch dem Melodischen nicht ganz abholden Mezzosopranstimme. Trojahn hat die von Natur und Irrlichtern gespeiste Stimmung auf den Punkt getroffen, besonders eindringlich in den kurzen Fragmenten wie „Abend ist im alten Garten geworden“ – das ist es schon und die Atmosphäre ist da.

Treffsicher agierten auch die Sängerin Claron McFadden und der Pianist Herbert Schuch. Erstere bewältigte die Sprünge in Trojahns Liedern bewundernswert, da ihr eher metallisch fokussierter Sopran auch mühelos die Mezzotiefen erreicht. In einer Auswahl aus Gesängen  Claude Debussys zeigte sie dann, wie weich und strömend sie singen kann. Herbert Schuch hat alle Farben für diese Musik zu Gebote. Mit Mozarts wundersamer „Abendempfindung an Laura“ endete dieses Preisverleihungs-Konzert, in dem sich die notwendigen Reden gottlob in gut gewählten Grenzen hielten und die Verbindung von Musik und Literatur im Vordergrund stand.

Mit Musik und Bildender Kunst ist es oft nicht so einfach. Ja, man kann Musik bebildern, wenn man es so gut kann wie Norman Perryman, der abends im Großen Saal am Werk war, stehend vor einem mit Glasplatten und Prozessoren bestückten Pult. Perryman malte ständig in Bewegung befindliche, oft zauberhaft verfließende, mit der Musik perfekt korrespondierende Aquarelle auf Glasplatten, die auf eine Leinwand projiziert wurden, wobei der Pinselstrich eine große Rolle spielte. Spontan war das nicht, sondern blendend einstudiert, wie auch aus dem anschließenden Künstlergespräch hervorging. Perrymans und sein Pinsel sind außerordentlich musikalisch, keine Frage. Schön auch, dass zwischen der illustrierten Musik eine Auswahl von Claude Debussy Preludes ohne Bilder, sondern ganz für sich, aus der Schönheit des Klangs heraus geformt, zu hören waren. Denn am Steinway saß Pierre-Laurent Aimard, der sich auch von fatalem Handygeklingel, dieser modernen Konzertsaalseuche, nicht wirklich irritieren ließ und berückende Welten voll „versunkener Kathedralen“ und mystischem Mondlicht gleichsam neu erschuf, so grandios ausgewogen zwischen strenger Struktur und leuchtender Impression ist sein Spiel.

Der Berichterstatter gesteht, dass er im Lauf des gut einstündigen, pausenlosen Konzerts – eine Meisterleistung des Pianisten – mitunter die Leinwand aus den Augen verloren hat, einfach weil die Musik und die Lust auf eigene, innere Bilder zu groß waren. Die Musikmalerei galt Franz Liszts immer wieder aufregend moderner „Trauergondel“, galt der virtuosen Sonate „Schwarze Messe“ des an seinen Visionen scheiternden Alexander Skrjabin, der meisterhaften Spektralmusik des anwesenden Tristan Murail – vom Maler ein wenig sehr vorhersehbar in bunte Kreise aufgelöst – und, der Höhepunkt, der „Fantasy on Jambic Rhythm“ des hierzulande in Konzertprogrammen leider vernachlässigten George Benjamin. Dabei trafen sich das alle Abgründe dieses im Grunde auf völlig neue Art romantischen Stücks auslotende Spiel Aimards und die über die Leinwandgrenzen hinausgehende Farbphantasie Perrymans wahrlich berückend. Großer Jubel des Publikums.

Bilder: Landesmedienzentrum / Franz Neumayr (1); ISM / Wolfgang Lienbacher (2)

 

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