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Auf Linie bleiben

DIALOGE / STIFTUNG MOZARTEUM / MORTON FELDMAN

24/11/15 „Die Begegnung stellt einen der großen Mythen in der Neuen Musik dar: Nach einer Aufführung von Anton Weberns Symphonie op. 21 im Jänner 1950 in New York unter Dmitri Mitropoulos trafen einander zwei Zuhörer im leeren Foyer der Carnegie Hall, weil sie das Konzert vorzeitig verlassen hatten.“

Von Heidemarie Klabacher

So schildert Walter Weidringer im Programmbuch der Dialoge, die am Mittwoch (25.11.) eröffnet werden, eine legendäre Begegnung: „Sie waren entweder völlig überwältigt, erschüttert und verstört von Weberns Werk – das ist die hehre Variante der Erzählung. Oder sie wollten ganz einfach und prosaisch Rachmaninows ‚Symphonische Tänze’ nicht hören, zumindest nicht nach diesem Webernerlebnis; vielleicht beides.“ Und um wen geht es dabei? „Es handelte sich um den 24-jährigen Morton Feldman und den 14 Jahre älteren John Cage – und eine für die Musikgeschichte höchst einflussreiche Freundschaft begann.“

Morton Feldman war schon früh von der Bildenden Kunst beeindruckt und beeinflusst. Und bei Cage verkehrten die Künstler dieser Zeit, wie Philip Guston, Robert Rauschenberg, Jackson Pollock, Jasper Johns oder Mark Rothko. John Cage hat den jungen Feldmann ermutigt, „seinen eigenen musikalischen Ideen zu vertrauen, die dieser aus den bildnerischen Prinzipien jenes Kreises entwickelte“, schreibt Walter Weidringer im Programmbuch der Dialoge. „Meine Absicht war nie, zu ‚komponieren‘ im Sinne der gebräuchlichen Praktik, sondern die Klänge in die Zeit zu projizieren, die frei sind von jeder ‚Retorica compositiva‘“: Soweit Morton Feldman.

Die enge Beziehung zur Bildenden Kunst scheint sich zunächst in grafischer Notation niedergeschlagen zu haben. Und genau das schuf neue Probleme: „Manche Interpreten ließen sich von der intendierten ‚Befreiung der Klänge’ zu Improvisationen verleiten, die Feldmans erklärten Absichten diametral entgegengesetzt waren, weil sie erst recht wieder auf historischen Klischees und althergebrachten Floskeln basierten.“ Feldman sei daher wieder zur klassischen Notation, die er ohnehin nie völlig aufgegeben hatte, zurückgekehrt.

Als erstes Feldman-Stück dieser Dialoge erklingt am Mittwoch (25.11.) das graphisch notierte Orchesterwerk „Atlantis“ aus dem Jahr 1959. Der Aufbau dieses Werks lasse wenig Raum für Improvisation: die Dichte des Klanges und die pointillistische Textur. Das Klangforum Wien spielt also Feldman, und nicht sich selbst. Unter der Leitung ihres Komponisten Beat Furrer erklingen weiters das Ensemblestück „linea dell’orizzonte“ und „nuun“ für zwei Klaviere und Ensemble.

Der dritte Komponist, dem sich die Dialoge widmen, ist wie immer Mozart. Sein Quintett Es-Dur für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott KV 452 erklingt in der Bearbeitung von Jean Françaix. „Nonetto d’après le quintette pour quatre instruments à vent et piano KV 452“ überschrieb der damals 83-jährige Jean Françaix seine 1995 erstellte Bearbeitung von Mozarts Quintett, so Walter Weidringer. „Dabei tastete der für seine subversiven Spiele mit Bedingungen und Erwartungen im Rahmen des Klassizismus bekannte Komponist die Originalstimmen des von ihm hoch verehrten Mozart für Oboe, Klarinette, Horn und Fagott nicht an, sondern richtete nur den Klavierpart für Streichquartett und Kontrabass ein.“

Dialoge „Zeit“ – 25. bis 29. November - www.mozarteum.at
Bilder: ISM/Lukas Beck (1)

 

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