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Feuervogel mit flauschigem Federkleid

OSTERFESTSPIELE / BERLINER PHILHARMONIKER / DUDAMEL

18/04/11 Irgendwie hat man den Venezuelaner Gustavo Dudamel, in seiner Heimat Leiter des Símon Bolivar Jugendorchesters, ja doch als großen Kapazunder am Dirigentenpult abgespeichert. Umso überraschender, wie behutsam er bei den Osterfestspielen Strawinskys „Feuervogel“ angegangen ist.

Von Reinhard Kriechbaum

altVor allem geht es beim „Feuervogel“ ja um die feine Palette. Strawinsky hat seinen Pinsel damals, im Jahr 1910, durchaus noch in jene Orchesterfarben getaucht, wie sie Rimskij-Korsakow im vorigen Jahrhundert angerührt hatte. Leuchtkräftig-einprägsam also, mit bezaubernden impressionistischen Abmischungen. Gustavo Dudamel hat am Sonntag (17.4.) am Pult der Berliner Philharmoniker sehr genau auf die Angebote gelauscht, wie sie ihm an den Solopulten bereit gestellt wurden. Die Oboe ist zuerst zu nennen, aber auch das exponierte Erste Horn.

Die vielen kammermusikalischen Episoden, in denen der Konzertmeister und seine Stimmführer-Kollegen den Ton angeben – all das war feinfühlig und genau tariert, Gustavo Dudamel hat bereitwillig hingehört, er hat sich nicht als „Macher“ gegeben sondern als umsichtiger Koordinator. Die sorgfältig aufbereiteten magischen Streicherklänge in „Kastscheis verzaubertem Garten“ – die dem Steg nahen Bogenstriche machten gehörig Effekt – waren altebenso fein gearbeitet wie die Bitten des gefangenen Feuervogels, die man mit rhetorischer Akkuratesse zu vernehmen glaubte. Freilich kam auch „Höllentanz aller Untertanen Kastscheis“ mit der geforderten Energie. Schlagtechnisch ist auf Gustavo Dudamel natürlich absoluter Verlass. Was im „Feuervogel“ sich alles rhythmisch überlagert, war deutlich herausgeschält, ohne dass man dieser Wiedergabe gleich das Etikett „analytisch“ hätte aufkleben wollen: Es gab viel Schmeichlerisches, Empfindsames zu genießen.

Zurückhaltende Töne prägten auch vor der Pause Alban Bergs „Sieben frühe Lieder“. Da war also nicht nur ein Jungspund am Pult. Auch die Niederländerin Christianne Stotejn, eine Mezzosopranistin mit stilistisch weitem Repertoire, ist noch sehr jung. Ihre gut fokussierte Stimme ist bar jedes divenhaften Gehabes. Das mag im ersten Moment gewöhnungsbedürftig sein, gerade im Großen Festspielhaus. Der etwas spröde Charme dieser Wiedergabe passt indes sehr gut zu den Vertonungen von Fin-de-siecle-Literatur, die dann doch einen Schritt hinausweisen über Gustav Mahler. Auch da haben die Berliner Philharmoniker sanft-kammermusikalische Klänge bereit gestellt. Das leise Knattern der kleinen Trommel in der „Liebesode“, die Bläser-Miniaturen „Im Zimmer“, das einprägsame Cello-Solo in „Die Nachtigall“: Anschaulich wurde, wie schwer sich Alban Berg im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts von der heimeligen Tradition verabschiedet hat.

Eine Zugabe auch ohne jedes falsche Pathos: Gustav Mahlers „Oh Röslein rot“ aus den Wunderhorn-Liedern.

Wiederholung am 23.4. um 18.30 Uhr im Großen Festspielhaus – ORF-Sendung am 25. April um 11.03 Uhr in Ö1
Bilder: Osterfestspiele / Chris Christodoulou (1); Marco Borggreve (1)

 

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