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Ganz anderes als Ohren-Schmiere

OSTERFESTSPIELE / KONTRAPUNKTE (2)

02/04/10 Französische Spätromantik, Impressionismus und Neoklassizismus - so erfinderisch und neugierig, wie das die Musikerinnen im zweiten Konzert der Kontrapunkte angingen, lernte man den Etiketten gründlich zu misstrauen.



Von Reinhard Kriechbaum

Es ist ein ganz anderer Ravel als jener, den man eigentlich recht gut zu kennen glaubt: 1920/22 hat er die Sonate für Violine und Violoncello geschrieben, ein karges, ja asketisches Stück voller Herbheiten, aber zugleich eines, das so recht sinnlich erfühlt und ausgefüllt werden will. Madeleine Carruzzo (Violine) und Solène Kermaree (Violoncello) haben sich dieser Podiums-Rarität im zweiten Kontrapunkte-Konzert am Donnerstag (1.4.) angenommen. Ein neugieriges - wenn man will: ergebnisoffenes - Dialogisieren der beiden Damen. Gerade mit unterschiedlicher Bogen-Gewichtung haben sie deutlich differenziert, die Intensität mal dramatisch angeheizt und sich dann wieder ganz in den Kokon der feinen Struktur zurückgezogen, den diese Musik auch anbietet.

Nur wenige Jahre zuvor hatte auch der alte Debussy nochmal an einer Neuordnung des (impressionistischen) Klangs gesucht, etwa im Trio für Flöte, Viola und Harfe. Das ist ein eigenwillig-nachdenklich wirkendes Werk. Leichte Windböen scheinen den vertrauten Debussy'schen Farben-Sinn durcheinander zu bringen. Das wirkt beinah schon experimentell. Für Jelka Weber (Flöte), Marie-Pierre Langlamet (Harfe) und die an die Bratsche wechselnde Madeleine Carruzzo eine Gelegenheit, sehr sorgsam wegzuführen von den "Erwartungshaltungen" an den musikalischen Impressionisten schlechthin.

Kurze Charakterstücke verschiedener Art von Gabriel Fauré ergänzten diese erhellende und keinerlei Vorurteile in Richtung französischer Musik bedienende Werkauswahl. Denn auch Faurés Musik ist ja nicht bloß gefälliges Öl (wenn auch die "Sicilienne" gelegentlich als Ohren-Schmiere missbraucht wird). Wenn man das so kernig, ohne aufdringliches Vibrato und Schmachter, dafür mit umso genauere Zielvorstellungen im Ausdruck spielt, mutieren die süffigen Salon-Miniaturen zu sehr ehrlichen Erzählungen. Der feine Parfum-Hauch gehört dazu.

An dieser Stelle muss man einen kleinen Lobgesang auf Marie-Pierre Langlamet anstimmen. Sie nimmt dem Harfenklang alles Wabbelige und erreicht erstaunlich präzise, trotzdem immer sinnliche Farb-Valeurs. Das weist sie als eine Stilistin von höchstem Rang aus für diese Art von Musik, die man oft genug als leicht anrüchig, weil verzärtelt erlebt.

Auch dieser Abend hatte mit einem Haydn-Trio begonnen. Diesmal waren Madeleine Carruzzo und Solène Kermaree die Partnerinnen der Pianistin Imogen Cooper. Ein ganz anderer Eindruck als mit den Berliner Philharmonischen Kollegen tags zuvor: Die drei Damen setzten aufs Ungewisse, auf die Erprobung der Möglichkeiten. Da war vielleicht nicht alles ganz ausgewogen, aber es hat Freude gemacht, sich auf die vielen melodischen Variationen, die unterschiedlich gelesenen Themen-Varianten im d-Moll-Trio Hob XV:23 einzulassen.

Am Ostersonntag (5.4.), in einer Matinee um 11 Uhr im Großen Saal des Mozarteums, endet die "Kontrapunkte"-Reihe: mit Haydns Klaviertrio in Es-Dur Hob XV:29, Beethovens Streichtrio in c-Moll op.9/3 und dem Streichquintett G-Dur op 111 von Brahms. - www.osterfestspiele-salzburg.at

 

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