asdf
 

Kratzbürstige Mädels, feinsinnige Musik

REST DER WELT / INNSBRUCKER FESTWOCHEN DER ALTEN MUSIK

22/08/10 Böse Mädchen kommen zwar nicht in den Himmel, aber sind sie nur lästig, raffiniert und selbstbewusst genug, dann bekommen sie, was sie wollen. Zumindest den Mann, der ihnen gebührt: So die Quintessenz eines zauberhaften Abends mit Bachs "Kaffeekantate" und Pergolesis "La serva padrona" auf in Schloss Ambras.

Von Christiane Keckeis

Ganz abgesehen davon, dass Bach Pergolesi so sehr schätzte, dass er dessen „Stabat mater“ bearbeitete, sind es vor allem die frechen Mädchen, die Bachs „Kaffeekantate“ und Pergolesis Zwischenaktkomödie „La serva padrona“ verbinden: Bachs Liesgen, das dem Vater mit seiner Kaffeesucht das Leben so lang schwermacht, bis dieser endlich einen Mann für sie sucht, erscheint als die deutsch-bürgerliche Variante von Pergolesis Serpina: Die mit allen Wassern gewaschene Dienerin, bringt mit Tricks und Tränen ihren Herrn dazu, sie zu heiraten – um damit – hurra – endlich auch offiziell zur Herrin zu werden. Denn dass sie schon vorher die Hosen anhatte - keine Frage.

Zwei komisch überzogene Geschlechterstudien auf höchstem musikalischen Niveau amüsierten das Publikum. Nicht nur die mit einfachsten Mitteln überzeugende szenische Umsetzung (Regie: Christoph von Bernuth) machte schmunzeln. Besonders die musikalische Gestaltung sorgte für eitel Wonne: Was Alexander de Marchi mit seinem Sieben-Mann/Frau Orchester, der Academia Montis Regalis, an Farben, Präzision und schwungvollem Groove bietet, ist kaum besser zu machen. Jede Phrasierung durchdacht, jede Temposchwankung begründet, jeder Kommentar hörbar, jede Feinheit herausmoduliert – was da aus dem nicht vorhandenen Orchestergraben tönt, ist vitalster Barock.

Szenisch wie stimmlich entzückt auch eine Sängerbesetzung erster Güte: die amerikanische Sopranistin Robin Johannsen mit beweglichem lyrischem Timbre erfüllt die beiden starken Mädels mit listigem, mal kratzbürstigem, mal naivem Charme. Wunderbar zu hören ist der runde kultivierte Bass von Renato Girolamo, der an Beweglichkeit und Farbgebungsmöglichkeiten seinesgleichen sucht. Auch bei noch so temperamentvollen Tempi gerät er nie ins Schleppen und wird dennoch nicht zur ratternden Nähmaschine. Girolami ist ein Gestalter – dies auch szenisch. Da kommt jede Nuance. So wird aus dem Padrone Uberto ein Charakter mit allen Feinheiten, mit dem man auch schon einmal Mitleid haben kann, weil er wirklich leidet – um im Moment drauf wieder über seine Grillen lächeln zu müssen. Das ist Komik auf hohem Niveau, eine schwierige Kunst.

Auch der lyrische Tenor von Markus Brutscher wirkt beglückend, da wird nichts gestemmt und forciert, die Stimme fließt und ist – wie das bei Tenören sein sollte – einfach nur schön. Schade, dass er nur bei Bachs Kantate als Erzähler beschäftigt ist, ihm hätte man noch länger zuhören können.

Der Schauspieler Markus Merz ergänzt die Komödiantentruppe als stummer Diener, stets präsent, ob schlafend während des Publikumseinlasses oder als verkleideter grimmiger Soldat im Intrigenspiel Serpinas.

„So bringst Du Wonne mir“ – so endet Pergolesis Intermezzo und damit ein wahrhaft wonnevoller Abend. Ein Abstecher nach Innsbruck lohnt sich.

Am 27. August hat bei Innsbrucker Festwochen der Alter Musik im Tiroler Landestheater Vivaldis Oper „Ottone in villa“ Premiere. - Weitere Termine www.altemusik.at

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014