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Jago unter der Narrenkappe

REST DER WELT / GRAZ / OTELLO

05/10/11 Mit dem Gerkreuzigten treibt es Jago bunt. Er zerrt die Figur herbei, hockt sich auf sie, während er sein Credo auf das Böse schlechthin hinaus schmettert. Da reitet den Heiland im Wortsinn der Teufel …

Von Reinhard Kriechbaum

Verdis „Otello“ macht in der Grazer Oper nicht zuletzt auch deshalb Effekt, weil Regisseur Stephen Lawless Jago in ein Narrenkostüm gesteckt hat. Der allgegenwärtige Intrigenspinner als Hofnarr ist durchaus plausibel. Mit diesen Ideen erschöpft sich freilich Stephen Lawless' handwerklich routinierte, aber letztlich unoriginelle Inszenierung. Was in den Chorszenen am Beginn noch eindringlich und dicht wirkt, verflacht im dritten und vierten Akt in belangloser Allerweltsgestik.

Dieser Eindruck hat auch sehr mit den Stimmen und mit der Spannkraft im Orchester zu tun: Eigentlich ist einzig James Rutherford als Jago charismatisch besetzt: stimmlich kein raubeiniger Bösewicht, sondern ein alerter, ja, geschmeidiger Argumentierer. Kein Wunder, dass ihm Otello auf den Leim geht. Der Niederländer Frank van Aken in der Titelrolle versucht es mit Expressivität. Sein Tenor wirkte am Premierenabend (Samstag) angestrengt im mittleren dynamischen Bereich ohne rechten Glanz. Mancher exponierte Ton hat nicht angesprochen. Gal James ist eine auch im Singen devote Desdemona, entschieden zu lyrisch: Man glaubt ihr einfach nicht, dass sie sich zuletzt der Todesgefahr sehr bewusst ist. Und gerade da wirkte die Orchesterbegleitung müde und wenig effizient.

Das war anders in den großen Chorszenen (Einstudierung: Bernhard Schneider). Da hat Johannes Fritzsch am Pult des Grazer Philharmonischen Orchesters für akkurate Übereinstimmung zwischen Graben und Bühne, vor allem aber für differenzierte Durchhörbarkeit gesorgt.

Auf schwankendem Boden spielt sich manche Szene ab (Bühne: Frank Philipp Schlößmann. Der Boden des mit einer Art Jüngstem Gericht ausgemalten Guckkastens kann steil angehoben werden, und die Decke senkt sich manchmal bedrohlich. Als Herold aus Venedig spricht ein Herr im Bischofskostüm bei Otello vor. Er richtet wenig aus – was nicht weiter verwundert, wenn der Hofnarr mit Jesus Schlitten fährt.

Aufführungen bis 15. Dezember. - www.theater-graz.com/oper
Bilder: Bühnen Graz / Werner Kmetitsch


 

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