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Preiswürdig trotz Total-Vernebelung

YOUNG DIRECTORS PROJECT / PREISVERLEIHUNG

21/08/12 Ein bisserl pikiert war sie ob der einhelligen Ablehnung, die ihren beiden Produktionen „Éternelle Idole“ und „This is how you will disappear“ im Young Directors Project der Salzburger Festspiele seitens der Rezensenten entgegen geschlagen ist. Aber nun hat Gisèle Vienne Oberwasser, weil ihr die Jury den Preis zugesprochen hat.

Von Reinhard Kriechbaum

Also hat sie es uns Schreibenden ordentlich reingesagt anlässlich der Verleihung des Montblanc Max Reinhardt Pen (inklusive 10.000 Euro Preisgeld) am Dienstag (21.8.): Dass unsereinem ein Stück nicht so gut gefalle, schön und gut, aber „ich verlange ein bisschen mehr Respekt“. Und uns Journalisten will sie ins Stammbuch geschrieben wissen: „Je intelligenter ihr über ein Stück schreibt, umso intelligenter wird das Volk.“ Eingedenk der uns mithin bestätigten volksbildnerischen Aufgabe werden wir uns bei der Nase nehmen, versprochen.

Was der Schauspielchef der Festspiele, Sven-Eric Bechtolf zuvor sagte, klang eher nach entschuldigender Erklärung dafür, was heuer im Young Directors Project geboten wurde. In der Theaterarbeit sei „der Misserfolg die Regel“, und gerade eine Initiative wie das YDP solle „nicht ergebnisorientiert“ ablaufen, sondern „Augenblicksaufnahmen junger Künstler“ bieten. Bechtolf wörtlich: „Wir wünschen uns ein Publikum, das neugierig ist und nicht sofort richtet.“ Die Gäste der ersten Aufführung von „This is how you will disappear“ am Samstag (19.8.) haben nicht sofort gerichtet, daran sei schon erinnert. Sie haben sich gut eine halbe Minute Bedenkzeit gegeben, bis sich die erste Hand zaghaft zu Beifall rührte…

Wie dem auch sei, die Auswahl im YDP heuer war denkbar mickrig. Die Südafrikanerin Princess Zinzi Mhlongo hat uns teilhaben lassen an der Entdeckung des Freiheitsbegriffs durch ein wacker im Kollektiv vorgehendes indigenes Ensemble. Die Österreicherin Cornelia Rainer hat eine biographische Randnotiz über das Leben von Jakob Reinhold Michael Lenz auf die Bühne gebracht, geadelt vom Büchner’schen Textfragment her, aber dann wieder theatralisch runtergezerrt auf braves Bildungsbürger-Niveau.

Vielleicht war die Jury ja wirklich vergleichsweise gut beraten, dass sie die perfekten Special effects von „This is how you will disappear“ gewürdigt hat. Im übrigen argumentierte Sven-Eric Bechtolf in dieselbe Richtung: „Ich bin ein handwerklicher, berufsbezogener Mensch“, wenn er also so perfektes Theaterhandwerk sehe wie an diesem Abend (tatsächlich: Kompliment an die Nebelwerfer und die Beleuchter!) verböte sich ein Negativurteil.

Die Exegese der Jury: „Gisèle Vienne beschwört in ihren Stücken Éternelle Idole und mehr noch in This is how you will disappear keine Zeit, die es schon einmal gegeben hat, und auch keine, die es jemals geben wird. Diese Regisseurin ist in ihrer eigenen Welt unterwegs, die sehr deutlich eine Nachwelt ist: Verdammte, Verbannte, Untote aus unserer Populärkultur ziehen dort ihre Spur, Kontaktaufnahme ist unmöglich, denn die Sprache ist an ihr Ende gekommen. In Viennes Theater wird der Mensch von den Räumen verschlungen, die er zu beherrschen glaubte, Aber die Art, wie er kämpft und am Ende doch verschwindet, hat eine große Schönheit. Diese Schönheit hat die Jury bewogen, den diesjährigen Montblanc Young Directors Award an sie zu vergeben.“

Außerhalb des Wettbewerbs präsentiert das Young Directors Project noch eine Produktion: "Hamlet Cantabile"  der koreanischen Performance Group Tuida. Aufführungen von 27. bis 30. August im republic, jeweils um 20 Uhr - www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: dpk-krie
Zum Kommentar {ln:Es muss ein Preis sein}
Zu den DrehPunktKultur-Besprechungen Schall und Rauch oder: Kitsch as Kitsch can
und Eisprinzessin und fliegende Untertasse
sowie zu den weiteren Besprechungen vom Young Directors Project
„Lenzens Eseley“ im Luftkurort und Die Fallen und die Langeweile

 

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