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Glänzende Hüllen für Theaterfeste

ARCHITEKTURHAUS SALZBURG / THEATERBAUTEN

27/04/23 Echt tolle Theaterbauten gibt es. Der Favorit des Schreibers dieser Zeilen ist Den Norske Opera & Ballett in Oslo, eine Architektur aus dem Jahr 2008, die im Wasser zu schwimmen scheint wie ein Eisberg. Man könnte auch an eine ins Meer hinein sich erstreckende Gletscherzunge denken.

Von Reinhard Kriechbaum

Überhaupt scheinen Architekten mit Theater-Projekten in Hafenlage in einer höchst vorteilhaften Position. Kopenhagen kann gleich mit zwei solchen Bauwerken aufwarten. Dort ist im Abstand von nur drei Jahren die Operaen (2005) und obendrein das Skuespilhuset (2008) eröffnet worden. Man muss die Blicke also gar nicht ins australische Sydney schweifen lassen – auch in Europa finden sich höchst spektakuläre Theater. Um nah am Wasser zu bleiben: Die Hamburger Elbphilharmonie ist als Hybrid-Gebäude (Parkhaus, Hotel, Wohn- und Konzerthaus) das bei weitem prominenteste der noch an Jahren jungen europäischen Vorzeigeprojekte. Und das Das National Theatre an der Themse in London, 1976 eröffnet, ist unumstritten ein architekturhistorischer Meilenstein. Stichwort: Beton bringt's.

Große Oper – viel Theater? heißt eine Fotoschau über Theaterbauten neueren Datums, die das in Frankfurt beheimatete Deutsche Architekturmuseum zusammengestellt hat. Kooperationspartner sind die Salzburger Festspiele, bei denen ja in den nächsten Jahren rege Bautätigkeit bevorsteht. Also ist zwischen den repräsentativen Bild- und Texttafeln aus Frankfurt auch das zu sehen, was hierorts demnächst backstage entstehen wird. Es geht in Salzburg ja nicht um die Fassaden oder die Theaterräume selbst, sondern um Werkstättengebäude und dergleichen. Zu sehen wird man davon nur etwas kriegen, wenn man von den Stadtbergen aus über die Dachlandschaft des Festspielbezirks lugt. Die städtebauliche Aspekt der Erweiterungen hinter den Festspielhäusern und im Berg drinnen ist also eher marginal, obwohl sich das Bauern auf denkmalschützerisch heikelstem Terrain abspielt.

Aber eben weil es in Salzburg um die Werkstättengebäude geht, wird man in dieser Ausstellung im Architekturhaus Salzburg an der Sinnhubstraße mit der Nase darauf gestoßen, dass bei dieser von Architekten gemachten Theater-Architekturhuldigung ein ganz entscheidender Punkt überhaupt nicht angesprochen wird. Der Ästhetik-Wert all dieser Gebäude-Schöpfungen ist unbestritten. Aber: Funktionieren diese Bauten auch, haben sie die in die gesetzten Erwartungen auch in der Praxis eingelöst? Sind Publikum und die hier arbeitenden Künstler auch rundum so glücklich wie die Fotografen, die Fassaden und Zuschauerräume, gelegentlich auch die Foyers in absolutem Hochglanz ins Bild gesetzt haben? In den Texten zu den Fotos erfährt man allerhand Interessantes zu den Kubaturen, den Kosten, der Baudauer und dergleichen. Nach Informationen über die effektvollen Fassaden hinaus sucht man eher vergeblich. Dass in Köln seit 2011 (!) gebaut und restauriert wird, wird immerhin verraten.

Manch Interessantes natürlich in den vielen unterschiedlichen Konzepten: In Heidelberg hat man die Erweiterung des Theaters so gelöst, dass man ans bestehende Bühnenhaus einen neuen Zuschauerraum angesetzt hat, neunzig Grad versetzt zum historischen. Man kann dort also (theoretisch) von zwei Seiten auf die gleiche Bühne schauen. In der Opéra de Lyon ging es darum, die historistische Hülle nicht zu zerstören. Dort wurde dem Neobarock eine mächtige Dach-Tonne drübergestülpt. In manchem Theaterbau in der ehemaligen DDR (etwa in der Staatsoper unter den Linden) stellte sich die Frage: Was vom damals ästhetisch Gefragten ist es wert, erhalten zu werden? Wenig bekannt, weil im polnischen Stettin doch eher außerhalb der westeuropäischen Wahrnehmung: Die Mieczyslaw Karlowicz Filharmonie zitiert in modernen, blütenweißen Baustoffen die ehemalige Giebellandschaft des kriegszerstörten Stadtviertels.

Einen Gedanken, den man nur schwer verscheuchen kann beim Weggehen: In den letzten Jahrzehnten sind in Europa so viele Theaterbauten mit hohem kreativem Eigenwert entstanden. In Salzburg ist man bei Bau des Hauses für Mozart vor lauter dem Denkmalschutz vorauseilendem Eklektizismus meilenweit hinter dem Möglichen und Wünschenswerten zurück geblieben.

Große Oper – viel Theater? Bis 27. Juli im Architekturhaus Salzburg – initiativearchitektur.at
Bilder: dpk-krie

 

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