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Mit der Göttlichen Komödie im Hinterkopf

FESTSPIELE / PROGRAMM 2022 / OPER

10/12/21 Was Puccinis Trittico, Béla Bartoks Herzog Blaubarts Burg, Katja Kabanowa von Leoš Janáček und Carl Orffs De temporum fine comoedia eint? Ganz ehrlich, auf Dantes Göttliche Komödie wären wir als Bindeglied nie und nimmer gekommen. Festspiel-Intendant Markus Hinterhäuser: „Eine Erzählung, wie es war, wie es ist und wie es sein wird.“

Von Reinhard Kriechbaum

Sogar Verdis Aida und Mozarts Zauberflöte will Hinterhäuser innnerhalb dieser Dante-Klammer sehen. Die Divina Commedia aus 1321 könne „als Ausgangspunkt für eine Betrachtung all dieser Stücke dienen“. Und der Intendant zitiert Jorge Luis Borges, der in seinen sogenannten Dantesken Essays davon gesprochen habe, dass man sich die Dimension der Divina commedia in etwa so vorstellen könnte, dass es auf Erden nichts gibt, was nicht darin enthalten wäre.

„In diesem Menschheitswerk, in diesem seelischen Laboratorium, bündeln sich die verschiedensten Energien“, so Hinterhäuser. „Die Energien aus der Divina Commedia, die Motive aus Himmel, Hölle und Purgatorium sind in all den Opern in verschiedenen Gestalten und Wirklichkeiten wiederzufinden, sei es im Realismus eines Puccini oder Janáček, in einer symbolistischen Fabel, einem Seelendrama, das Bartók seiner Oper zugrunde legt, in einem großen repräsentativen Opernspektakel wie Verdi seine Aida konzipierte, im Mysterienspiel eines Carl Orff, oder in dem Welttheater der Zauberflöte, die der gewaltigen Dimension eines Jahrtausendwerkes wie der Göttlichen Komödie wohl am nächsten kommt.“

Alles Menschliche der Reihe nach: Mit Herzog Blaubarts Burg und De temporum fine comoedia geht es am 26. Juli 2022 in der Felsenreitschule los. Teodor Currentzis dirigiert das Gustav Mahler Jugendorchester, das zum ersten Mal in Salzburg Oper spielt. Romeo Castellucci führt Regie. Ausrine Stundyte, gefeierte Elektra in den vergangenen beiden Festspielsommern, singt die Judith, Mika Kares, der vergangenen Sommer als Commendatore im Don Giovanni zu sehen war, singt Herzog Blaubart. Bei Orff singen unter anderem Nadezhda Pavlova und Helena Rasker. Das Orff'sche Endzeitspiel war übrigens ein Auftragswerk der Festspiele, 1973 hat es Karajan aus der Taufe gehoben – aber dann war es nie mehr bei den Festspielen zu sehen.

Eine stärkere Klammer als Dante mögen die Entstehungsjahre von drei der vier Neuproduktionen sein: Puccini schrieb sein Trittico 1918, im selben Jahr wie Bartok den Blaubart. Die drei Operneinakter Gianni Schicchi, Il tabarro und Suor Angelica haben am 29. Juli im Großern Festspielhaus Premiere. Regisseur ist Christof Loy, Franz Welser-Möst steht am Pult der Wiener Philharmoniker. In allen drei Stücken übernimmt Asmik Grigorian die Hauptrolle. In weiteren Hauptrollen: Misha Kiria ist Gianni Schicchi. In Il tabarro singen neben Asmik Grigorian Roman Burdenko als Michele und Joshua Guerrero als Luigi. Karita Mattila ist in Suor Angelica La Zia Principessa.

Auch zeitlich nahe: 1921 wurde Katja Kabanowa von Leoš Janáček uraufgeführt. Premiere ist am 7. August in der Felsenreitschule. Das Werk war zuletzt bei den Festspielen in der Ära Mortier in einer Inszenierung von Christoph Marthaler zu sehen. Nun wird Barrie Kosky inszenieren. Corinne Winters übernimmt die Hauptrolle der Katěrina. David Butt Philip singt ihren Geliebten Boris Grigorjevič, Jaroslav Březina singt den im Alkohol Zuflucht suchenden Ehemann Tichon Ivanyč Kabanov. Der Dirigent ist Festspiel-Debütant: Jakub Hrůša leitet die Wiener Philharmoniker.

Was Markus Hinterhäuser wichtig ist zu betonen: Sowohl Verdis Aida (ab 12. August im Großen Festspielhaus) als auch Die Zauberflöte sind nicht Wiederaufnahmen, sondern Neueinstudierungen. Es sei wichtig, so der Intendant bei der Programmpräsentation heute Freitag (10.12.), Künstlerinnen und Künstlern auch die Möglichkeit zur Weiterentwicklung ihrer Gedanken zu geben. Bei beiden Produktionen gebe es dazu Potential. Lydia Steier wird ihre Zauberflöten-Inszenierung sogar redimensionieren – die Aufführung wandert vom Großen Festspielhaus ins Haus für Mozart (ab 30. Juli). Dirigentin ist jetzt Joana Mallwitz. Die Besetzung: Mauro Peter wird wie 2018 die Partie des Tamino übernehmen, Regula Mühlemann ist die Pamina. Michael Nagl und Maria Nazarova sind Papageno und Papagena. Tareq Nazmi der Sarastro und Brenda Rae die Königin der Nacht.

Mit Aida hatte die Filmemacherin Shirin Neshat 2017 ihr Regie-Debüt bei den Festspielen gegeben. Nun arbeitet sie weiter dran. Alain Altinoglu übernimmt die Musikalische Leitung dieser Neueinstudierung im Großen Festspielhaus (ab 12. August). Elena Stikhina gibt die Rolle der Aida, Anita Rachvelishvili singt Amneris und Piotr Beczala den Radamès, Luca Salsi den Amonasro, Erwin Schrott den Ramfis und Roberto Tagliavini Il Re. Natürlich ist Il barbiere di Siviglia mit Cecilia Bartoli als Rosina, die Opernproduktion der Pfingstfestspiele, auch im Sommer zu sehen sein, ab 4. August im Haus für Mozart.

Wolfgang Rihm wir im kommenden Jahr siebzig Jahre alt, Musik von ihm kommt oft vor im Festspielprogramm. Seine Oper Jakob Lenz wird gleich zu Beginn der Festspiele, am 27. Juli, konzertant gegeben. Maxime Pascal dirigiert das Ensemble Le Balcon, Georg Nigl übernimmt die Titelrolle.

Und noch eine konzertante Oper Donizettis Lucia di Lammermoor. Lisette Oropesa ist die Koloraturenschleuderin in der Titelrolle. Außerdem singen Ludovic Tézier, Benjamin Bernheim und Roberto Tagliavini. Daniele Rustioni gibt als Dirigent des Mozarteumorchesters sein Festspieldebüt.

Das Opernprogramm 2022 – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / Anne Zeuner (1); Petra-Baratova (1); Algirdas Bakas (1); Daniil Rabovsky (1)
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