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Haydn-Spaß und Haydn-Ernst

JOHANN MICHAEL HAYDN GESELLSCHAFT

09/10/12 Die Nachfrage nach seiner Musik hält sich, vorsichtig ausgedrückt, in Grenzen. Dessen ungeachtet finden jene, die danach suchen, im Werk von Johann Michael Haydn, dessen 275. Geburtstag kürzlich zu feiern war, so manche Pretiose.

Von Reinhard Kriechbaum

Sage und schreibe vierzig Symphonien hat der Salzburger Haydn komponiert, immerhin 29 davon sind gedruckt. Eine Noten-Überfülle also gemessen an Käufern oder Aufführungszahlen. Wolfgang Danzmayr, der heuer die Symphonie in D-Dur MH 287 herausgegeben hat, hat das Werk im Rahmen seines „Orchesterprojekts“ auch einstudiert und bei den Bad Dürrnberger Konzerten aufgeführt. Ebenso eine Jugendsymphonie, die Michael Haydn als etwa Zwanzigjähriger noch in Wien geschrieben hatte, und die ebenfalls als Neudruck vorliegt. Johann Michael Haydn werde „weit unter seinem Wert gehandelt“, so sein Befund als ausübender Musiker. „Vielleicht auch, weil er nicht aus Salzburg hinaus wollte, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte.“

Wie auch immer: Der Schlussatz der Symphonie MH 287 ist eine respektabler Orchesterfuge, die Mozart höchstwahrscheinlich mit inspiriert hat zum Finalsatz seiner Jupiter-Symphonie. Die ersten 45 Takte dieses Werks hat Mozart schließlich eigenhändig abgeschrieben. Dieses Manuskript, das lange als Fragment eines Mozart-Werks angesehen wurde, hat die Stiftung Mozarteum im Vorjahr erworben.

Wolfgang Danzmayr hat es aber auch die andere neu gedruckte Symphonie angetan: „Man sollte sie unbedingt aufführen, sie ist ein kleines Schmuckstück.“ Die Noten sind übrigens vor dreißig Jahren in Kuks in Nordböhmen aufgetaucht: kleiner kultureller, klösterlich motivierter Grenzverkehr zwischen den habsburgischen Kronstaaten im 18. Jahrhundert.

Eine dritte Notenpublikation neuesten Datums gilt Klavierliedern. Ungefähr zehn Lieder sind authentisch für Singstimme und Klavier, andere basieren auf mehrstimmigen Chorsätzen, die Michael Haydn dann auch in eine Solo-Version übergeführt hat. All das sind vielleicht nicht die großen Würfe, sie werfen aber doch Facetten auf die Salzburger Musikgeschichte.

Druckfrisch auch: Im Carus Verlag haben Sabine Krohn und Gerhard Walterskirchen eine biographische Broschüre unter dem Titel „Außerordentlich beliebt und bekannt…“ herausgebracht. Es habe Nachfrage bestanden, vor allem unter den (jährlich rund 1200) Besuchern des Michael Haydn Museums in Sankt Peter, so die beiden Autoren. Biographie und das politische Umfeld sind prägnant gefasst. Dass die französischen Soldaten auch das Hauswesen des Salzburger Haydn geplündert haben, sei im Nachhinein den Besatzern selbst peinlich gewesen, kann man da unter anderem lesen. Michael Haydn hat daraufhin für die französischen Invasoren „Die Schöpfung“ seines Bruders in Salzburg aufführen dürfen, und die Einnahmen gingen an ihn, als Wiedergutmachung. Auch Joseph Haydn ist damals übrigens mit einer goldenen Uhr und Bargeld dem Bruder beigesprungen. Und er hätte ihn sogar als Vizekapellmeister nach Eisenstadt geholt, wenn Michael nur von Salzburg loszueisen gewesen wäre.

Ein Vorhaben der Johann-Michael-Haydn-Gesellschaft für das nächste Jahr: Diese Broschüre auch in englischer Sprache herauszubringen. Die Gesellschaft, die das Museum in St. Peter betreibt, hat heuer erstmals zusätzlich zu den sommerlichen Nachmittagskonzerten auch zwei Mal pro Woche „Haydn-Spaziergänge“ angeboten. Eine sachkundige Fremdenführerin organisiert sie auf eigenes unternehmerisches Risiko. Im nächsten Sommer möchte man diese Spaziergänge auch mit kleinen musikalischen Einlagen bereichern und damit noch attraktiver machen. An Ideen mangelt es also nicht.

Die Salzburger Haydn-Woche ist zwar schon vorbei, aber es gibt einen Nachschlag: Am kommenden Sonntag (14.10) spielt das eigens formierte Michael-Haydn-Projekt-Orchester des Musikum in einer Matinee im Wiener Saal. Das Motto: „Ein Haydn-Spaß!“ Frank Stadler ist der Solist und lässt gleich zwei Violinkonzerte des Salzburger Meisters hören. Eines davon ist seit der Entstehungszeit gewiss nicht wieder gespielt worden, eine Erstaufführung also. Diese Veranstaltung wird, wie die anderen Michael-Haydn-Bestrebungen im heurigen Jubiläumsjahr, von den Kulturellen Sonderprojekten des Landes gefördert. In der Matinee werden auch Beispiele aus dem Band mit Liedern zu hören sein.

Konzert mit dem Michael-Haydn-Projekt-Orchester des Musikum: Sonntag 14.10., 11 Uhr, Wiener Saal.
Sabine Krohn, Gerhard Walterskirchen: „Außerordentlich beliebt und bekannt… Johann Michael Haydn 1737-1806. Leben, Werk, Zeit“. Johann-Michael-Haydn-Gesellschaft, Carus Verlag, 2012. € 12.- – www.michaelhaydn.com

 

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