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Tanzmusik statt Trauermarsch

STIFTUNG MOZARTEUM / DIALOGE / FRANUI

05/12/14 „Früher haben wir noch gedacht. Heute nicht mehr.“ Die Musiker haben ihre Musikinstrumente bereits gezückt, doch noch ist es nicht Zeit für den Einsatz von Trompete, Posaune, Violine, Orgel & Co. Andreas Schett verkündet noch rasch: „Wenn man einen Trauermarsch vier Mal so schnell spielt, wird daraus eine Polka.“

Von Claudia Maria Kraml,
Nina Lichtenegger und Verena Resch

Und genau dieser erstaunlich fließende Übergang von ruhigem Geigenzupfen bis hin zu scheinbar heillosem Durcheinander ist es, der während der folgenden 18 Stücke immer wieder fasziniert: Die Musicabanda „Franui“ macht aus Schubert und Co. Tanzmusik.

Mit der inzwischen auf allen besseren Festivals gut bekannten Mischung aus ländlicher Blasmusik, klassisch-romantischen Musikzitaten, dialektalen Sprachspielen und Osttiroler Charme warteten „Franui“ auch am Donnerstag (4.12.) bei den „Dialogen“ im Großen Saal des Mozarteums auf: mit der Uraufführung ihrer neuen Produktion „TanzBodenStücke (mit Wortansagen)“.

Mit viel Taktgefühl vermischen „Franui“ nun schon seit mehr als 21 Jahren alpenländische Klänge mit den Kompositionen eines Franz Schubert, Gustav Mahler oder – wie in der neuen Produktion – eines Bela Bartók oder György Ligeti. Zwischen den Stücken dichtet man sich - im Osttiroler Dialekt und mit viel Augenzwinkern - auch schnell einmal eine tragische Vergangenheit samt Flucht der Vätergeneration (nach einer Wirtshausrauferei) und Exil in Lateinamerika an.

„Beim Oberthaler rechts einbiegen“ - all jenen, die noch nicht wussten, in welcher Ecke Osttirols Innervillgraten, der Heimatort von Franui liegt, erklärte Andreas Schett, wie man von Salzburg (oder von der anderen Seite, von Paris aus) dort hin käme.

Franui wissen wo sie herkommen – eben aus dem besagten Tausendseelen-Dorf in Osttirol - und feiern ihre Herkunft. Die „Wortansagen“ des musikalischen Leiters Andreas Schett im tiefsten Osttiroler Dialekt werden via TV-Screen ins Standarddeutsche übersetzt. Die Welt weiß jetzt, dass die Außervillgratener Sternsinger zum Weltkulturerbe zählen und ein massives Alkoholproblem haben.

Die Wortansagen sind amüsant und vielfältig, die Musik ist die gewohnte bunte Palette an Instrumenten, Stilen und Kombinationen. Es scheppert und knarzt manchmal, es bleibt dennoch immer geschmeidig und schön. Die Musikstile und Genres überkreuzen und beehren sich gegenseitig. Diesmal schauen Franui mit Bartók oder Ligeti nach Ungarn oder bleiben in den Alpen und machen beim Musizieren Anspielungen auf die Popkultur. So sind zwischen Schubert oder Mozart plötzlich einige Takte der Simpsons-Titelmelodie zu hören.

Zu dieser Vielfalt tritt in der neuen Programmfolge „Tanzbodenstücke“ Wolfgang Mitterer: Sein Orgelspiel gibt einzelnen Stücken einen chaotischen Touch, seine Live-Elektronik und Spielereien auf dem präparierten Klavier untermalen Schetts Dorfgeschichten. Trotz musikalischer Raffinesse und professionellem Arrangement sind die Tanzbodenstücke nicht zu sauber oder perfekt.

Schwerpunkte liegen diesmal auf Neuinterpretationen von Tänzen von Franz Schubert – die Eröffnungsnummer basiert allerdings auf dem Lied „Die trockenen Blumen“  - und Béla Bartók. Daneben durften die Komponisten Peter Eötvös, György Ligeti und Mozart nicht fehlen, stehen diese doch bei den diesjährigen Dialogen im Mittelpunkt. So wurde Mozarts Menuett aus „Don Giovanni“ mit den Volksliedern „Du flåchshoorats Dirndl“, „I måg nit Küah hiatn“ und „Wås kümmern mi di Sternlan“ kombiniert. Was sich nach einem Durcheinander anhört und auch von Andreas Schett als Durcheinander angekündigt wurde, klang jedoch keineswegs danach.

Mit tosendem Applaus und Fußgetrappel wurde den Musikern für den kurzweiligen musikalischen Abend gedankt, bis sie für die Zugabe sowohl auf die Bühne, als auch zu ihren musikalischen Wurzeln zurückkehrten und den Trauermarsch „In die Dunkelheit“ zum Besten gaben, bevor das Publikum tatsächlich in die nächtliche Dunkelheit des Abends strömte.

Bilder: Bernd Uhlig; Reiner Pfisterer
Dieser Text ist entstanden im Rahmen der Lehrveranstaltung „Palimpsest und Festplatte“ am Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg.

 

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