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Mystik zwischen Haydn und Hindemith

SALZBURGER KAMMERMUSIK FESTIVAL / ZEHTMAIR QUARTETT

22/06/15 Das Zehetmair Quartett führte beim 5. Kammermusik Festival der Universität Mozarteum mit Joseph Haydn und Paul Hindemith auf eine Entdeckungsreise, die nach einem eher ereignislosen Beginn direkt ins Abenteuer führte.

Von Sascha-Alexander Todtner

Der Blick durch die Glasfront des Solitärs offenbart ein geradezu mystisches Bild: Der Mirabellgarten und die Bühnendekoration verschmelzen zu einer Einheit, während im Hintergrund schwere Wolken in königsblauen Nuancen über dem Mönchsberg hängen und ein Gewitter verheißen.

In dieser schwebenden Atmosphäre zwischen barocker Garten- und zeitgenössischer Konzertsaal-Architektur beginnt das Zehetmair Quartett mit Joseph Haydns Streichquartett F-Dur op. 3/5. Das als Serenadenquartett bekannte Werk wird vom Zehetmair Quartett klangschön und technisch akkurat interpretiert, auch wenn man irgendwie die Leidenschaft vermisst. Während im Hintergrund die Natur sich hinter und über dem Mönchsberg austobt, ist im Saal alles sehr stoisch. Man hat Haydn immer wieder mal vorgeworfen, seine Musik ermangle der Leidenschaft – dieser Interpretation des Serenadenquartetts hat ein wenig Power auf jeden Fall gefehlt.

Beim Streichquartett Es-Dur op. 32/5 von Paul Hindemith schien sich das Zehetmair Quartett schon sehr viel wohler zu fühlen: Das Zusammenspiel wird organischer, die vier Instrumente verschmelzen zu einem einzigen. Ein Klangteppich breitet sich langsam in alle Richtung aus und schafft eine Atmosphäre innerhalb des Solitärs, die sich in ihrer Intensität mit der der Naturkulisse außerhalb vergleichen lässt. Sehr klar und durchsichtig musizieren die vier Streicher diese „Spielmusik“ Hindemiths und sorgen dafür, dass der Duktus – Hindemiths Musik wird ja manchmal als „schwer“ empfunden – immer leicht bleibt.

Das Streichquartett C-Dur op. 76/3 „Kaiserquartett“ wird vom Zehtmair Quartett nicht ungehört neu, aber so durchsichtig und klar und wunderbar differenziert gespielt, dass im berühmten zweiten Satz die Grundidee des Streichquartetts „an sich“ - im Sinne demokratisch gleichberechtigter Stimmen - so offensichtlich wird, wie selten zuvor.

Die vier Streicher harmonieren miteinander und schenken sich gegenseitig Glanz, verschmelzen zu einem neuen Ganzen und führen die bekannte Melodie (der ehemaligen österreichischen Kaiserhymne und jetzigen deutschen Nationalhymne) in all ihren Variationen quasi durch einen Tempel sakraler Ehrfurcht. Diese Transparenz und zugleich nostalgische Mystik ergreift auch den dritten Satz Menuetto und das Finale. Von mangelnder Leidenschaft kann keine Rede mehr sein.

Und so vereinen sich am Ende des Konzerts das Innen und das Außen zu einem Ganzen. Der Mirabellgarten verschwindet langsam in der Dunkelheit der Nacht und die Mystik der Natur über dem Mönchsberg verschmilzt und entschwindet mit den letzten Tönen des Streichquartetts…

Bild:ks-schoerke.de / Keith Pattison

 

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