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Beutezug mit Fischmarkt

SALZBURGER KULTURGÜTERDATENBANK

24/10/23 „Kunst“ wurde nicht nur über Kontinente hinweg verschleppt. Mancher „Raubzug“ führte bloß von Salzburg nach Wien. „Die astronomische Uhr in der Präsidentschaftskanzlei, die stets den dekorativen Hintergrund bei Angelobungen durch den Bundespräsidenten bildet“, gehört eigentlich „uns“.

Von Heidemarie Klabacher

Mit dem „Verschwinden“ der Fürsterzbischöfe ist auch so manche Kostbarkeit aus deren Kunstsammlung „verschwunden“. Seit 150 Jahren wird versucht, deren Verbleib zu klären. Für jene Objekte, die sich heute in Wien befinden, ist dies mit der digitalen Salzburger Kulturgüterdatenbank gelungen. „Über die Kunstsammlung der Salzburger Erzbischöfe, die sich seit dem 19. Jahrhundert in Wien befinden, war bisher wenig Konkretes bekannt“, erinnerten die Experten heute Dienstag (24.10.) bei der Pressepräsentation der Salzburger Kulturgüterdatenbank. „Einige Mythen rankten sich um ihren Aufbewahrungsort.“

Wurden die Abtransporte aus Salzburg „naturgemäß“ gut dokumentiert, wurden die Kunstankünfte in Wiener Museen und Sammlungen ebenso „naturgemäß“ weniger genau verzeichnet. Bis heute. Der Umgang mit „Raubgut“ hat sich eben verändert...

Anlässlich des Jubliäums der zweihundertjährigen Zugehörigkeit Salzburgs zu Österreich im Jahr 2016 wurde vereinbart, „eine möglichst vollständige und wissenschaftlich fundierte Dokumentation über die ehemaligen Salzburger Kulturgüter in Wien zu erstellen“, erinnerte der Direktor des Salzburg Museums, Martin Hochleitner. 2017 nahm eine Arbeitsgruppe von Salzburger und Wiener Expertinnen und Experten unter der Leitung von Oskar Dohle, dem Direktor des Salzburger Landesarchivs, die Arbeit auf. Bis 2022 wurde die Datenbank erstellt. Bund und Land Salzburg teilten sich Kosten.

Man wisse nun nicht nur genau, wo sich ehemalige Salzburger Schätze heute in Wien befinden. Die Datenbank werde auch weiterer kunst- und kulturwissenschaftlicher Forschungen zur Spätzeit des Erzstiftes und als Basis für künftige Ausstellungen und Präsentationen dienen.

„Manche der untersuchten Kunstwerke lassen sich anhand der Inventare und Listen über längere Zeit lokalisieren und verfolgen“, so Oskar Dohle. Er schildert die teils abenteurlichen Wege über viele Stationen exemplarisch an einem Gemälde des Malers Joachim von Sandrart, der 1656 für den Erzbischof Guidobald von Thun tätig war: „Den Großen Fischmarkt findet man im Jahr 1717 in der großen Galerie bei St. Peter, 1753 in einem Gastzimmer von Schloß Kleßheim und 1802 schließlich wieder in der Residenz im zweiten Stock.“ Während viele Inventarstücke der Residenz versteigert wurden, sei Der große Fischmarkt im November 1807 mit anderen Gemälden nach Wien geschickt worden. „Nach einigen weiteren Umsiedelungen befand sich das Gemälde unter der Nummer 20 ab 1835 im Belvedere Wien. Schließlich gelangte der Große Fischmarkt 1891 in das neu eröffnete Kunsthistorische Museum am Ring, „wo sich das Gemälde noch heute befindet“.

Ein „überaus bekanntes Objekt“ sei die astronomische Uhr in der Präsidentschaftskanzlei, „die stets den dekorativen Hintergrund bei Angelobungen durch den Bundespräsidenten bildet“: Die Uhr, ein Geschenk von Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern an den Salzburger Erzbischof, wurde erstmalig 1717 im Inventar der Salzburger Kunstkammer vermerkt: „Als Erzherzog Ferdinand, der Bruder von Kaiser Franz II. und kurzfristiger Herzog von Salzburg, die Residenz wieder räumen musste, hätte er die Uhr allzu gerne abtransportiert.“ Zunächst fanden die silbernen Imperatoren-Figuren Liebhaber, im März 1808 kam die Uhr in den „Astronomischen Turm“ der Hofburg, heute steht sie in der Präsidentschaftskanzlei. Nicht genug damit: „Die Statuetten von der Hand des Silberschmieds Franz Kessler werden heute im Museum degli Argenti in Florenz verwahrt.“

Die Salzburger Kulturgüterdatenbank wäre ohne „die kollegiale Zusammenarbeit und die umfassenden Expertise der Fachleute aus den verschiedensten Institutionen in Wien“ nicht möglich gewesen, betont Oskar Dohle. „Nur dadurch konnte das gemeinsame Ziel einer umfassenden Kulturgüterdatenbank erreicht“ und Licht ins Dunkel des Schicksals der nach Wien verbrachten Kunstschätze der Erzbischöfe gebracht werden. Landeshautpmann Wilfried Haslauer, für die Museen zuständig, betonte bei den Pressegespräch die Bedeutung der „fachlichen Aufarbeitung“ für Wissenschaft und Kunst- und Kulturlandschaft Österreichs.

Eine Datenbank gehört erstellt, gewartet, betreut; „Das Projekt der Salzburger Kulturgüterdatenbank von technischer Seite aus zu betreuen und somit die wertvolle und umfangreiche Arbeit aller am Projekt beteiligten Expertinnen und Experten mit moderner Software zugänglich machen zu können, erfüllt uns mit großem Stolz, sagte Dirk Lock, Gründer und Geschäftsführer der ausführenden Solvatec GmbH.

Gemälde, Antikes, Bücher, Kunsthandwerkliches oder Waffen sind in der Datenbank verzeichnet.

Noch sind nicht alle Bilder zugänglich, das Stöbern ist aber schon jetzt interessant. Zum Gemälde aus dem Jahr 1655 Alte Frau beim Geschirrputzen des Malers Martin Dichtl (1639-1710) etwa heißt es unter dem Punkt „Inventare & Listen“: „Wien, KHM, Antikensammlung 12.08.1806. Nachweis: Schloß Berchtesgaden, im dritten stock, in einem anderen zimmer: Ein küchenstück, 3 schuh x 4 schuh 3 fl.“ Unter dem Punkt „Sammlungszugehörigkeit & Diskussion“ heißt es: „Sammlungszugehörigkeit Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie. Inventar-Nr.: GG_8536. Diskussion: In den Inventaren des Erzstiftes nicht nachweisbar. Vielleicht aus Berchtesgaden. 2017 der Salzburger Residenz übertragen.“ Geht ja.

Hier geht es zur Salzburger Kulturgüterdatenbank – salzburger-kulturgueterdatenbank.at
Bilder: Salzburg Museum / Salzburger Kulturgüterdatenbank
 

 

 

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