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Für Lebende und Tote

MOZARTEUMORCHESTER / LANGRÉE

06/12/23 Zweimal stand es mit Pablo Heras-Casado auf dem Plan. Geklappt hat es nun mit Louis Langrée: Er dirigierte Mozarts Requiem in der traditionellen Aufführung der Stiftung Mozarteum am Todestag 5. Dezember und war Bachchor wie Mozarteumorchester ein beflügelnder Dirigent.

Von Horst Reischenböck

Das Requiem wird meist mit einem zeitgenössischen Werk verbunden. Diesmal war es Witold Lutoslawski, der Mozart vorangestellt wurde. Polens „Zufallskomponist“, als der er als Vorreiter die Aleatorik in sein Schaffen einfließen ließ, stand er noch unter Bela Bartóks Einfluss, nicht zuletzt im Concerto for Orchestra. Als er den Auftrag zur Muzyka żalobna erhielt, hatte er sich längst in Distanz zu Arnold Schönberg eine eigene Version von Dodekaphonie erarbeitet. Die legte er auch diesem sich vierteilig reinen Streichersatz von kaum 14 Minuten Dauer zugrunde.

Spannungsvoll luden die Celli, Bratschen und Kontrabässe des Mozarteumorchesters den einleitend auf dem Diabolus in Musica und Halbtonschritten basierenden Kanon auf. Nach Steigerung aller Beteiligten und Ausbruch in fast schon „schmutzig“ klingende Zwölftonakkorde führte der Schluss wie ein Palindrom wieder in ruhige Gefilde zurück, aus denen der Solocellist dann eine letzte Frage in den Raum stellte.

Die Antwort darauf lieferten im nahtlosen Anschluss daran die Mozarts Requiem-Torso eröffnenden Halbtöne. Langrée befleißigte sich vom Beginn an einer relativ zügigen Sicht und kitzelte aus dem ihm willig folgenden Salzburger Bachchor, von Benjamin Hartmann vorzüglich vorbreitet, alle dynamischen Schattierungen heraus. Fulminant etwa schon die Kyrie-Fuge und voll bestürzender Wucht die Schrecken des Tages der Rache über die Podiumsrampe geschleudert.

Die Vorlage bildete einmal mehr die Komplettierung durch Franz Xaver Süßmayr, der nur wenig älter als Mozart wurde und bekanntlich den auftraggebenden Grafen damit zum betrogenen Betrüger werden ließ. Interessant übrigens, dass nach wie vor kaum Interpreten Breitkopf & Härtels Erstdruck von 1800 folgen, der nach der Posaunenfanfare zum Tuba mirum den Solopart dem Fagott überantwortet. Das wurde selbst vom sonst in solchen Fällen pingeligen Nikolaus Harnoncourt negiert, obwohl dies jene Fassung darstellt, die auch Witwe Constanze zu hören bekam.

Ildebrando D’arcangelo orgelte sein Bass-Solo fundamentös, nachdem schon zuvor Sopranistin Emily Pogorelc engelsgleich das Loblied angestimmt hatte. Im perfekt aufeinander eingestimmt agierenden Vokal-Quartett verschränkten sich dazu noch Corinna Scheurles ausdrucksstarker Alt und der gleichermaßen strahlende wie subtil verinnerlichte Tenor von Sunnyboy Dladla. In Summe einmal mehr eine würdige Gedenkstunde, bei der nur der links hinter den Geigen platzierte Johannes Wilhelm am Tasteninstrument etwas verloren wirkte. Wozu überhaupt? Aufbrausender Beifall brach sich seine Bahn brach. Die an der Ausführung Beteiligten hatten ihn sich redlich verdient!

Bild: Askonas Holt / Chris Lee

 

 

 

 

 

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